„Auch Bäume bedürfen einer Pflege, um alt werden zu können“

Nur robuste Obstbäume tragen gesunde Früchte

Bezirksrätin und Vorsitzende des Kreisverbands für Gartenbau und Landespflege Landshut e. V., Martina Hammerl sowie ihr Stellvertreter Peter Fischer, waren bei einer Pfingstmontagwanderung mit zwei Pomologen und ca. 35 interessierten Amateurpomologen im Landshuter Landschaftsschutzgebiet unterwegs.

 

Thema der diesjährigen Wanderung waren die historischen Streuobstbestände am ehemaligen Landshuter Truppenübungsplatz. Treffpunkt war um 13.30 Uhr der Parkplatz am nordöstlichen Teil des Truppenübungsplatzes an der Stallwanger-Straße. Jürgen Pompe und Josef Ammer vom Arbeitskreis Pomologie und beide praktizierende Imker, führten durch die Wanderung.

Der Kreisverband fördert die Obst- und Gartenkultur, die Landespflege und den Umweltschutz. Ausdrücklich will er dem Erhalt einer intakten Kulturlandschaft und der menschlichen Gesundheit dienen. Weitere Förderziele sind die Ortsverschönerung und damit die Verschönerung der Heimat, die Heimatpflege und die gesamte Landeskultur. Ein besonderes Anliegen ist es, Kinder und Jugendliche einschließlich der Familien an diese Ziele heranzuführen.

Wie der Pomologe Josef Ammer ausführte, gab es auf diesem Gelände bis 1935 sieben kleinere bäuerliche Siedlungen. Diese wurden damals von der Reichsführung umgesiedelt, um den Platz für militärische Übungszwecke zu verwenden. Nach dem 2. Weltkrieg rollten auf dem Areal des ehemaligen Übungsplatzes der früheren Landshuter Bundeswehr-Einheiten Kampfpanzer und rasten Kampfjets im Tiefflug über das Gelände. Heute lässt es sich in aller Ruhe durch eine reizvolle Hügellandschaft wandern. Eingerahmt von Wäldern, schönen Blumenwiesen, alten Streuobst-Wiesen und weidenden Schafen ist der ehemalige Übungsplatz zu jeder Jahreszeit ein besonderes Naturerlebnis. Besonders interessant ist es, dass auf dem trockenen Gelände Schafe weiden; sie verhindern unter Obhut eines fachkundigen Schäfers die Verbuschung und halten so auf natürliche Weise diesen kargen Lebensraum („Trockenbiotop“) offen.

Vor fünf Jahren haben die Pomologen Jürgen Pompe (Bild links) und Josef Ammer versucht, auf diesem Gelände den Baumbestand aufzunehmen.
Es wurde versucht alle Bäume den Sorten nach zuzuordnen, es sei ihnen aber leider nicht ganz gelungen, meinte Josef Ammer. Dennoch hat man es geschafft, die Anzahl der Bäume bis zu 80 Prozent zu kategorisieren. Das Interessante sei, dass von den ca. 200 bis 250 Bäumen nur robuste Sorten überlebt hätten. Die Sortenvielfalt sei gar nicht so groß, so Ammer. Birnbäume, die um die 200 Jahre alt sind, hat die Landshuter Baumschule wieder veredelt und ausgepflanzt, so dass wieder mehr Bäume im Landschaftsschutzgebiet groß werden können. Zuständig für dieses Projekt war das Natur-Umweltreferat der Stadt Landshut. Mitgeholfen dabei habe auch die Autobahndirektion Südbayern, die zwar teilweise außerhalb des Landschaftsschutzgebietes noch einen Baumstreifen von ca. 50 aus den Sorten aus dem Übungsplatz veredelten Bäumen gepflanzt hat.

Warum so viele Obstbäume in dieser Gegend angebaut wurden erklärte Josef Ammer so: „Das Gebiet war relativ nah am Markt Landshut angesiedelt und somit gab es dadurch eine weitere Einnahmequelle für die Landwirte. Das Gebiet ist prädestiniert für den Obstanbau. Man hat eine Höhenlage, das Obst braucht die Temperaturunterschiede von Tag und Nacht, und so kann das Obst ausreifen. Zudem erhält es Farbstoffe, Geschmackstoffe und Aromastoffe. In den höheren Gebieten wo sich Obstbäume befinden, hat man weniger Befall von Krankheiten. Früher benannte man diese Höhenlagen, wie man sie auch in der Rottalergegend findet, als Aromagürtel. Als Beispiel nannten die Pomologen die Gebiete in Südtirol, wo viele Obstbäume angebaut sind. Hier schmeckt der gleiche Apfel in den Tälern völlig anders als die Äpfel, die an den Höhen gedeihen. Ein Apfelbaum der fruchten soll, braucht ein Kälteprodukt, d.h., er braucht tiefe Temperaturen über eine längere Zeit. Nur so fangen die Bäume zu blühen an. Wenn sich wärmere Zeiten, wie sie sich jetzt schon andeuten und anzeigen, werden viele Bäume nicht mehr fruchten. Aus diesen Gründen werden bereits vielfach neue Obstsorten gezüchtet. Jürgen Pompe bemerkte weiter, dass vor 120 Jahren in den Isarniederungen viel Sumpf zu verzeichnen war und somit gar keine Obstbaumkultur entstehen konnte. „Auf dem hochgelegenen Gelände des ehemaligen Bundeswehrübungsplatzes haben wir 150 Jahre alte Bäume angetroffen, die beste Früchte tragen. Selbst Krankheiten sind nicht zu erkennen“, kommentierte erfreut Josef Ammer.

Die teils hundertjährigen Äpfel-, Birnen-, Kirsch- oder Walnussbäume markieren die ehemaligen Hofstellen, die 1935 enteignet und heute nicht mehr zu sehen sind. Der Verein „Lebensgemeinschaft Höhenberg“ in dem Menschen mit und ohne Behinderung zusammenleben und arbeiten, erntet das Obst um biozertifizierten Saft herzustellen.

Die beiden Pomologen gaben während der Wanderung gerne und fachlich hochqualifizierte Auskunft über Äpfel, Birnen, Quitten und auch die „Kriacherla“, die sich speziell in allen Farbenvarianten bei der Obsternte zeigen und sonstige Fruchtsorten, die auf den langgezogenen bunten Wiesenflächen zu reifen beginnen.

Ein für sie sehr wichtiges Thema sprachen die Pomologen an. Ohne eine gewisse Pflege der verschiedenen Obstbäume, sei nicht zu erwarten, dass die Bäume gesunde Früchte tragen und alt dabei werden können. Wichtig sei die Bearbeitung der Baumkronen, die von Spezialisten durchgeführt werden sollten. Kann die Stand- und Bruchsicherheit eines Baumes visuell nicht eindeutig beurteilt werden, sollten Fachkräfte einen Baum eingehend untersuchen. Über Zugversuche können Bruch- und Standsicherheit der Obstbäume gegen Orkanlasten überprüft werden. Mit speziellen Messgeräten können Faulstellen, Hohlräume und weitere Defekte des Stammes ermittelt werden. Wichtig sei die Bewertung zur Erhaltenswürdigkeit der Obstbäume auf dem Areal des Landschaftsschutzgebietes Landshut, so die Pomologen Josef Ammer und Jürgen Pompe.

 

Die Pfingstmontagsmarschierer waren sehr angetan von den Ausführungen der beiden Pomologen und nahmen gerne die nächsten Veranstaltungen des Kreisverbands für Gartenbau und Landespflege Landshut e. V., Altdorf von Peter Fischer zur Kenntnis.

– hjl –

Fotos: h.j.lodermeier

 

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