Gehalten am 10.3.2023 von Stadtrat Dr. Stefan Müller-Kroehling als Mitglied des Haushaltsausschusses
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren der Kämmerei, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,
Die zur Verfügung stehende Zeit bietet natürlich nicht den Raum, alle wichtigen Themen anzusprechen. Ich konzentriere mich daher auf einige, für uns als ÖDP besonders wichtige Themen.
Ich möchte mit Lob und Dank an die Mitarbeiter der Kämmerei und überhaupt der Verwaltung beginnen. Viele unserer Anträge und auch manche Anregungen „auf dem kleinen Dienstweg“ wurden engagiert aufgenommen. So haben wir uns zuletzt über den Beschluss zur Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf sparsame LED gefreut. Auch unser Antrag auf einen Bürgerhaushalt wurde in kreativer Weise aufgegriffen.
Ich komme zum Haushaltsentwurf! Wo stehen wir: vor einem Rekordhaushalt mit fast einer halben Milliarde Euro Gesamtvolumen, vor allem einem Riesen-Investitionsvolumen von 110 Millionen, aber auch einem Rekord-Tilgungsberg in der mittelfristigen Planung. Das geht nur mit grenzwertiger Netto-Kreditaufnahme und Entnahmen aus der Allgemeinen Rücklage. Kämmerer Peißinger hat es gesagt: wir sind damit „endgültig am Limit angekommen“.
Und dennoch besteht ebenfalls ein „immer größer werdender Investitionsstau“, mit zurückgestellten Maßnahmen wie der Sanierung der Grundschule Peter und Paul und Sanierungs- und Brandschutzmaßnahmen in beiden Rathäusern (allein 38 Millionen).
Der vorliegende Haushaltsplan wird dabei in der Summe von einer konsensfähigen Prioritätensetzung für die Schulbauten (37 Millionen allein für die zwei neuen Schulen) getragen, und auch weiteren Kraftanstrengungen. Wir teilen diese Prioritätensetzung.
Der vorliegende Haushaltsentwurf spiegelt trotz seines schwindelerregenden Investitionsvolumens aber auch die leider sehr begrenzten Möglichkeiten in vielen anderen Bereichen wider. Beziehungsweise: nicht trotz dieses Rekordvolumens, sondern genau deswegen. Die riesigen Investitionen bei den Pflichtaufgaben schränken uns nämlich bei vielen Themen sehr ein, wo sonst mehr möglich und nötig wäre, etwa bei der von Fachleuten so genannten „grünen Infrastruktur“, also dem Netzwerk aus Grünflächen für eine Zukunft im Klimawandel, oder für richtige Verkehrsinfrastruktur für eine echte Verkehrswende.
Für uns sind eben auch Klimaschutzmaßnahmen sehr wichtigen Investitionen einschließlich einer umweltverträglichen Verkehrspolitik und Stadtplanung. Nur so erreichen wir die notwendigen, und auch die von uns selbst gesteckten Ziele, klimaneutral zu werden. Davon sind wir aktuell noch weit entfernt. Hier wäre mehr nötig und auch mehr möglich.
Wo hätten wir uns mehr gewünscht: z.B. mehr Solarenergie auf städtischen Liegenschaften. Wo bleibt die Umsetzung des Beschlusses zu unserem Antrag über eine jährliche Investitionssumme von 1 Mio. Euro in PV-Anlagen, oder auch der Beschluss, einmal versuchsweise Kurzumtriebsplantagen anzubauen, als grundlastfähigen Energieträger? Hier sind wir enttäuscht, wie wenig passiert ist. Dafür investiert man aktuell lieber in ein erdgasbetriebenes Blockheizkraftwerk am Biomasseheizkraftwerk.
Ein Trauerspiel ist der Umgang mit einem kostenlosen Energieträger in unbegrenzter Menge, der Tiefengeothermie. Seit ca. 15 Jahren wissen wir über diesen Schatz in der Tiefe Bescheid. Jetzt sollten wir ihn mit den aktuell hervorragenden Fördermöglichkeiten schleunigst nutzen. Den Neubau des Hallenbades halten wir in der jetzigen Zeit für eine falsche Entscheidung. Die Preisentwicklung von Bau- und Energiekosten hierfür ist nicht mehr seriös kalkulierbar. Die Gelder sollten besser für den Klimaschutz und den Ausbau erneuerbarer Energien (z.B. Geothermie) verwendet werden.
Ich möchte auch auf einen speziellen Reichtum unserer Stadt zu sprechen kommen, wo wir durch die Entwicklungen seit vielen Jahren viel Kapital verlieren, unsere Natur und ihr Schutz. Nehmen wir zum Beispiel die Ochsenau: Hier geht mein Dank an die Kämmerei für den Brückenschlag zu einer Finanzplanung ohne Einnahmen aus ihrer Bebauung. Viele Kommunen haben Sanierungsaufgaben ihrer Altersheime, haben aber keine bundesweit bedeutsamen Kalkmagerrasen zum Versilbern und Bebauen. Der Verkauf erfolgte ja damals übrigens nicht, um der Stiftung zu helfen, sondern weil die Stadt größte Probleme hatte, ihren Haushalt genehmigungsfähig zu machen.
Ein „Grünes Zentrum“ passt auf einen Kalkmagerrasen übrigens ungefähr so gut wie ein Parkhaus in den Innenhof der Residenz. Jetzt läuft eine Klage gegen die Bebauung. Müssen wir jetzt wirklich mit Haushaltsresten von immerhin 200.000 EUR – das ist genauso Steuergeld, das an anderer Stelle fehlt – die Erschließung für diese Einrichtung durchführen? Wir denken, dass nein. Hier sollte erst einmal geprüft bzw. abgewartet werden, wann und ob diese Einrichtung kommt. In der Zwischenzeit können wir dieses Geld sinnvoll an anderer Stelle verwenden.
In Zeiten einer Biodiversitätskrise und einer neu konkretisierten Schutzpflicht der EU-Lebensräume – Stichwort „Restauration law“ der EU – wäre die „Gesamt-Ochsenau“ ein Pfund, mit dem Stadt und Freistaat gemeinsam wuchern könnten – und müssten. Ein Besucherzentrum an dieser „kleinen Puszta“ mit flächiger Beweidung durch eine Ungarische Graurinderherde, ein hölzerner Aussichtsturm – das wäre fast zu schön, um wahr zu sein. Und eine unglaubliche Werbung für die Stadt, also Stadtmarketing. Dies ist eine verpasste Chance! Ich betone: bisher.
A propos „verpasste Chance“: ich komme zur Verkehrspolitik. Wir schreiben ja demnächst den Nahverkehrsplan fort. Es ist ohne Zweifel ein gewisser Kraftakt, teilweise finanziert auch durch den steuerlichen Querverbund, hier ein besseres Busangebot auf den Boden zu bringen. Für die Realisierung der im Flächennutzungsplan vorgesehenen Schienen-Haltepunkte fehlt bisher offenbar Mut, Wille und allein schon die Vorstellungskraft, bei einer Förderung von bis zu 90% den geringen Eigenanteil aufbringen zu können. Wir haben jetzt als ÖDP beantragt, das doch wenigstens mal zu beziffern und für die Diskussion darzustellen. Die Schienen sind ja schon vorhanden, es fehlt nur an einigen punktuellen Maßnahmen. Und man kann dann sogar den recht teuren Busverkehr stark reduzieren.
Hingegen ist aufgrund der angespannten finanziellen Lage, der explodierenden Baupreise, der Energiekrise, des Klimawandels und der enormen Eingriffe in den Auwald und der damit verbundenen Versiegelung das Festhalten an der Westtangente im vorliegenden Haushalt mit 300.000 EUR aus unserer Sicht zu hinterfragen. Aufgrund dieser neuen Umstände sollte die Bürgerschaft erneut über diese Straße abstimmen. Wir halten deshalb ein Ratsbegehren für das richtige Instrument, um dem Bürgerwillen auch in diesen Zeiten gerecht zu werden.
Bahn-Haltepunkte oder Westtangente: die Verkehrswirkung ersterer wäre größer, die Kosten geringer, und dies ohne Durchschneidung des Auwaldes. Die Förderung durch Bund und Land ist nicht ohne Grund um ein Vielfaches höher.
Am Ende des Tages sind die aktuellen Grundweichenstellungen des Haushalts alternativlos, die Prioritätensetzungen tragen wir mit. An dieser Stelle möchten wir aber eindringlich darauf hinweisen, dass ein weiteres ungebremstes Wachstum der Stadt künftig noch weit mehr Ausgaben für Infrastrukturmaßnahmen wie z.B. Neubau von Schulen und Kindergärten mit sich bringen wird.
Wir sehen den Grund für die massive Schieflage der Stadtfinanzen vor allem im überstarken Bevölkerungswachstum. Wachstum kostet Kommunen sehr viel Geld, das ist ein Fakt, das zeigen Auswertungen wirtschaftswissenschaftlicher Institute und auch ein Blick in den Haushalt.
Wir als ÖDP setzen uns dafür ein, dass das Wachstum der Stadt Landshut, wie auch in anderen Städten (z.B. Dachau, Pfaffenhofen) auf ein verträgliches Maß festgelegt wird. Auch Kollegen anderer politische Parteien (also nicht nur die ÖDP) wollen seit Jahren eine Wachstumsmarke festlegen. Diese Frage ist sinnvollerweise jetzt am Beginn des STEP2040 zu beantworten und nicht erst am Ende des Prozesses, womöglich erst in einer neuen Legislaturperiode. Deshalb muss JETZT eine politische Entscheidung über eine Wachstumsbegrenzung fallen.
Wir würden heute für den Haushalt stimmen, wenn dieser nicht obligat auch den Wirtschaftsplan der Stadtwerke enthielte. Diesen können wir aber aufgrund einer verfehlten Energiepolitik als ÖDP nicht mittragen. Die Energiewende hat leider in den letzten Jahren vor den Toren der Stadtwerke Halt gemacht. Vorschläge oder Initiativen für eine dringend notwendige Transformation gab es von Seiten der Stadtwerkeleitung nicht. Von der neuen Leitung erwarten wir in diesen Zeiten wesentlich entschlossenere Impulse für eine Energiewende. In der vorliegenden Form lehnen Frau März-Granda und ich den Haushalt wegen fehlender Investitionen in dieses wichtige Zukunftsthema ab.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Foto: Müller-Kroehling/R. Schnur