Eröffnung der 20. Landshuter Hofmusiktage 2022

Oberbürgermeister Alexander Putz heißt am Donnerstagabend im Rathaus Prunksaal Freunde der Landshuter Hofmusiktage herzlich willkommen. Generalsekretärin des Bayerischen Musikrates Karin Rawe hält die Festrede.

Nach einem Businensignal der Businenbläser Landshut unter Leitung von Hermann Baier, begrüßte Michael Bragulla, 2. Vorsitzender Landshuter Hofmusiktage e.V.  und Fachbereichsleiter Marketing und Tourismus Stadt Landshut, die im Rathaus Prunksaal versammelten Freunde der Landshuter Hofmusiktage. Das Konzertprogramm lief unter dem Titel: „Frau Musica“, Musik von und mit Frauen aus 900 Jahren. Vokalensemble ad libitum sang Lieder aus Orlando di Lassos Motettensammlung „Prophetiae Sibyllarum“. Den Abend moderierte Dr. Franzpeter Messmer.

 

Einen besonders herzlichen Gruß entbot OB Putz den beiden Persönlichkeiten, die seit Jahrzehnten das Gesicht dieser Hofmusiktage sind, nämlich Altoberbürgermeister Josef Deimer und Dr. Franzpeter Messmer.

Als zu Beginn der 1980er Jahre der damalige Leiter des BMW-Kulturprogramms Dr. Winfried Fischer, ein Festival Alter Musik in Dingolfing veranstalten wollte, konnte der damalige Oberbürgermeister Josef Deimer ihn überzeugen, dass ein solches Festival in Landshut viel besser aufgehoben wäre. Landshuts authentisches Stadtbild mit Architektur des Mittelalters, der Renaissance und der Barock sowie zahlreiche dafür geeignete Aufführungsorte bieten ideale Voraussetzungen.

Es traf sich gut, dass in der internationalen Musikszene gerade die historische „Aufführungspraxis“ auf Originalinstrumenten wiederentdeckt wurde. Auch gab es in Landshut im Umfeld der Landshuter Hochzeit bereits eine musikalische Szene, die für Alte Musik aufgeschlossen war. So musizierten Mitglieder der Landshuter Hochzeit unter der Leitung von Hans Walch auf historischen, mittelalterlichen Instrumenten. Josef Deimer erkannte, dass sich für Landshut die Chance bot, ein überregionales Festival aufzubauen. Ein zentraler Aspekt war für ihn dabei, dass die historische Architektur Landshuts durch Musik aus der Zeit, in der diese entstand, wieder lebendig wird. Die Landshuter Hofmusiktage fanden 1982 zum ersten Mal statt und verdanken bis heute ihr besonderes Flair den Aufführungen im historischen Umfeld. Josef Deimer überzeugte mit seiner Begeisterung und seinem großen Engagement für die Landshuter Hofmusiktage zahlreiche Firmen, Mäzene und öffentliche Institutionen, das Festival als Sponsoren zu unterstützen. Dadurch gelang es ihm, die finanzielle Grundlage dafür zu schaffen, dass dieses Europäische Festival Alter Musik stets Spitzenensembles und hervorragende Solisten für Alte Musik aus ganz Europa und fallweise sogar aus den USA engagiert werden konnte.

Eine besondere Besonderheit war, dass neben hochkarätigen Musikern aus aller Welt – vor 1989 übrigens auch regelmäßig aus der DDR – immer auch Ensembles aus Landshut auftraten. Die Verankerung in der Stadt war ein großes Anliegen von Altoberbürgermeister Josef Deimer. Er regte zum Beispiel die Kooperation des Festivals mit dem Jugendzentrum Alte Kaserne, dem musischen Gymnasium Seligenthal oder der vhs Landshut an.  Zugleich ist es sein großes Verdienst, dass das Festival vier Jahrzehnte lang ein wichtiges Ereignis im bayerischen Kulturkalender darstellte und dass das Festival ein wichtiger Baustein im Profil Landshuts als Stadt mit großer historischer Tradition wurde.

Der erste künstlerische Leiter, Winfried Fischer, liebte an Alter Musik vor allem die festlich barocke Lebensfreude, ihm war es wichtig – er war übrigens Soziologe – die Alte Musik im gesellschaftlichen Kontext zu zeigen. Deshalb war es ihm unter anderem auch ein Herzenswunsch, Abende zu veranstalten, bei denen dem Publikum ein Gourmetessen mit der passenden Tafelmusik geboten wurde.

Nach dem allzu frühen Tod von Winfried Fischer im Jahr 1989, wurde Dr. Franzpeter Messmer, bislang Assistent, der künstlerische Leiter. Sein Ziel war es, ebenso von Josef Deimer, zusammen mit dem organisatorischen Leiter Kurt Weinzierl die überregionale Ausstrahlung des Festivals zu intensivieren. Die Landshuter Hofmusiktage waren das erste von einigen weiteren Musikfestivals, deren künstlerische Konzeption und Leitung, Dr. Franzpeter Messmer übernahm. Ein wichtiges Anliegen war zudem, dass Alte Musik im Sinne der auf Innovation ausgerichteten Unternehmenspolitik des Hauptsponsors BMW dem Publikum nicht museal, sondern als Impuls für Neues dargeboten wird. Die Landshuter Hofmusiktage beleuchteten von nun an auch die Verbindungen zwischen alter und moderner Musik; so gab es beispielsweise die Uraufführung von Wilfried Hillers „Schulamit“  – ein Musikstück in Auseinandersetzung mit dem Hohelied – für Solisten, Chor und Orchester oder es wurde Carl Orffs „Carmina Burana“, eine moderne Vertonung mittelalterlicher Texte, aus dem Codes Buranus aufgeführt.

Unter der Leitung von Dr. Franzpeter Messmer, der regelmäßig auch musikwissenschaftliche Texte und Bücher veröffentlichte, richtete sich der Focus des Festivals auf Themen wie „Musik & Reisen“ , das Verhältnis von Orient und Okzident oder auf den Einfluss italienischer Kultur nördlich der Alpen. Dr. Franzpeter Messmer engagierte sich für Musik, Musikerziehung und zeitgenössische Musik in Politik und Gesellschaft. Er war beispielsweise von 2009 bis 2017 1. Vorsitzender des Landesverbandes Bayerischer Tonkünstler sowie Mitglied des Präsidiums des Bayerischen Musikrates. Er war immer am musikalischen Puls der Zeit. So wurden bei den Hofmusiktagen innovative Konzertformen wie zum Beispiel Open-Air-, Wandel-und Gesprächskonzerte sowie Musiknächte eingeführt.

Stets ausverkauft und von weit her besucht waren die historischen Festbankette, die mit historischem Zeremoniell, der Musik aus Renaissance und Barock und der Kulinarik von nach historischem Rezepten gekochten Speisen auf der Burg Trausnitz, ein Erlebnis für alle Sinne boten. Ab 2004 betonte das Festival seine europäische Ausrichtung. Zum 800. Stadtjubiläum erklang Musik aus ganz Europa. In den folgenden Festivalausgaben wurde jeweils ein Musikland Europas präsentiert, Frankreich, Spanien, das historische Königreich Neapel und die Niederlande. Das Festival versuchte Grenzen zwischen verschiedenen musikalischen Genres ebenso zu überwinden wie zwischen verschiedenen Kulturen. Es zeigte sich, dass Alte Musik großen Einfluss auf moderne Genres wie Weltmusik oder Rock hat, „Mittelalterlicher Rock“ konnte sich inzwischen einen festen Platz im Programm des Festivals erobern. Thema der Landshuter Hofmusiktage 2016 war „Gerusalemme liberata“, bei dem der Dialog zwischen jüdischer, christlicher und islamischer Kultur im Zentrum stand.

Das Thema der letzten Hofmusiktage, 2018 „Freude und Frohsinn“ kann aus heutiger Sicht geradezu prophetisch gesehen werden: Musik als Ausdruck von Lebensfreude und als Gegenentwurf zu den verheerenden Ereignissen der frühen Neuzeit wie dem 30-jährigen Krieg oder dem Ausbruch der Pest in Europa. Ergänzend zum musikalischen Programm wurden im vergangenem Jahrzehnt als Rahmenprogramm auch Ausstellungen, Vorträge in Zusammenarbeit mit der vhs Landshut, Stadtspaziergänge oder Kunstwettbewerbe erarbeitet, die das jeweilige Festivalthema vertieften. Seit Beginn der Hofmusiktage ist die Messe mit alter liturgischer Musik der Renaissance ein fester Bestandteil des Festivals. Stars der Hofmusiktage besuchten auch Schulen, um junge Menschen für Alte Musik zu begeistern.

In den vergangenen vierzig Jahren seien bedeutende Solisten und Ensembles aus ganz Europa, ja sogar aus der ganzen Welt nach Landshut gekommen.

„Dass immer wieder Stars der Szene ebenso wie talentierte Nachwuchsmusikerinnen und –musiker gewonnen werden konnten, ist das Verdienst der beiden Organisatoren Altoberbürgermeister Josef Deimer und Dr. Franzpeter Messmer sowie ihrem Team, das stets dafür sorgte, dass die Künstler sich in unserer Stadt wohlfühlen und alles reibungslos läuft“, bedankte sich herzlich Oberbürgermeister Alexander Putz.

Mit den Worten: „Ich weiß, dass Sie keine besondere Ehrung wünschen, aber um Ihnen beiden das für Landshut wohl typischste Zeichen der Gunst und Hochachtung, das Buchskranzl, zu überreichen“, bat OB Putz beide Herren auf die Bühne.

Generalsekretärin des Bayerischen Musikrates Karin Rawe hielt die Festrede.
Thema: Diskriminierung von Frauen im letzten Jahrhundert in der Musikbranche, speziell im Bereich Blasinstrumente.

 

Vokalensemble ad libitum,

eingetaucht in mystisches Licht, sang aus Orlando di Lassos Motettensammlung „Prophetiae Sibyllarum“.
„Die Entstehungszeit kann nur vermutet werden, wahrscheinlich liegt sie um 1560. 1556 war Lasso in München in die Dienste Albrechts V. getreten, der Widmungsträger des Zyklus‘ ist. Der Druck erfolgte aber erst 1600, also einige Jahre nach Lassos Tod, aus dem Nachlass“, so Dr. Hanspeter Messmer.
Die sechszeiligen daktylischen Hexameter der „Prophetiae Sibyllarum“ sind freie Nachdichtungen der überkommenen Texte, sie enthalten zahlreiche Anspielungen auf die Propheten des Alten Testaments und die Evangelien.

 

Begeisterte Freunde der Landshuter Hofmusiktage lauschten ergeben den Darbietungen der Akteure.
Titelbildbeschreibung: Businenbläser Landshut in Aktion

 

Fotos: h.radlmeier/ h.j.lodermeier

 

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