Prof. Dr. Joachim Nitschke stellt Sofortmaßnahmen vor und fordert schnellere Überführung von Patienten nach Therapieabbruch
Landshut. Der Vorfall am 17. August, bei dem vier Patienten des Bezirkskrankenhauses (BKH) Straubing eine Geiselnahme verübten und aus der hochgesicherten forensischen Maßregelvollzugseinrichtung flohen, beschäftigt weiterhin die Verantwortlichen. Prof. Dr. Joachim Nitschke, Ärztlicher Direktor des BKH Straubing, informierte in Landshut den Bezirkstag von Niederbayern über die Hintergründe der Tat und die daraus resultierenden Maßnahmen.
Chronologie der Ereignisse
Auf einer besonders gesicherten Station überwältigten vier Patienten einen Mitarbeiter und bedrohten ihn mit dem spitzen Bruchstück eines Kunststoffspiegels sowie einem stumpfen Gegenstand. Auf diese Weise erzwangen sie die Öffnung der Sicherheitsschleuse. Nach ihrer Flucht wurden die Täter in Österreich und der Türkei gefasst und befinden sich inzwischen in Justizvollzugsanstalten.
„Die Brutalität dieses Vorfalls hat uns tief erschüttert“, sagte Prof. Nitschke. „Die Sicherheit unserer Mitarbeiter und der Bevölkerung hatte in dieser akuten Lage höchste Priorität. Dank der schnellen und effektiven Arbeit der Polizei konnte eine weitere Gefährdung verhindert werden.“
Sofortmaßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit
In Reaktion auf den Vorfall wurden umfassende Sofortmaßnahmen eingeleitet:
- Schutz der betroffenen Mitarbeiter: Unterstützung und Betreuung der Opfer.
- Überprüfung der Sicherheitskonzepte: Identifikation und Schließung möglicher Sicherheitslücken sowie Verbot potenziell missbrauchbarer Gegenstände wie Kunststoffspiegel.
- Neue Dienstanweisungen: Mitarbeiter dürfen gefährdete Bereiche nur noch zu zweit betreten.
- Prüfung der Patienten: Überprüfung auf Fremdgefährlichkeit und Lockerungsstatus.
„Bei jeder Maßnahme müssen wir sorgfältig zwischen der Sicherheit und den Rechten der Patienten abwägen“, betonte Prof. Nitschke.
Externe Untersuchungen und erste Ergebnisse
Neben der internen Prüfung finde auch eine externe Untersuchung des Vorfalls statt, so Prof. Nitschke weiter. Ein unabhängiges Institut in Wiesbaden überprüfe die gesamten Vorgänge, ebenso wie das Amt für Maßregelvollzug. „Bisher hat jedoch weder die interne noch die externe Prüfung systematische Fehler ergeben.“ Als einen sehr wichtigen Punkt bezeichnete Prof. Nitschke, dass eine Arbeitsgruppe aus Justizministerium, Sozialministerium, Fachaufsicht, Staatsanwälten und Maßregelvollzug an rechtskonformen Lösungen für eine deutlich schnellere Überführung von Suchtpatienten in eine JVA bei Aussichtslosigkeit der Therapie erarbeitet. „Das ist uns ein großes Anliegen.“
Therapieerfolge und gesellschaftliche Verantwortung
Trotz des Vorfalls hob Prof. Nitschke die Erfolge des Maßregelvollzugs hervor: „Während die Rückfallquote in Justizvollzugsanstalten bei bis zu 65 Prozent liegt, liegt sie bei uns im Bereich der Suchtpatienten bei 19 Prozent und bei psychisch erkrankten Patienten bei nur drei Prozent.“ Abschließend unterstrich er das Engagement der Klinik für die Sicherheit der Mitarbeiter, Patienten und der Bevölkerung. „Wir werden alles tun, um das Risiko solcher Vorfälle zu minimieren und weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Resozialisierung zu leisten.“
Bildunterschrift:
Prof. Joachim Nitschke bei seinem Bericht im niederbayerischen Bezirkstag
Bildquelle:
Bezirk Niederbayern, Korbinian Huber