Bayerns Gesundheitsminister anlässlich des 20-jährigen Bestehens des TEMPiS: Erstes und größtes telemedizinisches Schlaganfallnetzwerk in Bayern – Ergebnisse der Potenzialanalyse des Bundes fragwürdig
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat die enorme Bedeutung und Entwicklung des Schlaganfallnetzwerks in Bayern hervorgehoben und die von Bundesgesundheitsminister Lauterbach am gestrigen Donnerstag veröffentlichte Potenzialanalyse erneut kritisiert. Holetschek betonte am Freitag anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Telemedizinischen Projekts zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern (TEMPiS) in München: „Bei einem Schlaganfall zählt jede Minute! Je früher er diagnostiziert und behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Ich setze mich deshalb weiterhin dafür ein, dass wir eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe Schlaganfallversorgung in Bayern haben.”
Der Minister erneuerte in diesem Zusammenhang seine Kritik an der Potenzialanalyse von Bundesgesundheitsminister Lauterbach beim Thema Schlaganfallversorgung: „Der Freistaat hat bei der Schlaganfallversorgung eine völlig konträre Erfahrung gemacht als in der Potenzialanalyse propagiert wird. Wie eine wissenschaftliche Evaluation des TEMPiS-Netzwerks gezeigt hat: Die Schlaganfallversorgung in einer Netzwerkstruktur wie TEMPiS führt in regionalen Kooperationskliniken zu einem besseren Zustand der Patienten als in regionalen Kliniken, die nicht in eine solche Struktur integriert sind.“
Holetschek führte aus: „Das TEMPiS-Schlaganfallnetzwerk ist seit 20 Jahren eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Die Initiatoren Professor Roman Haberl und Professor Ulrich Bogdahn haben mit ihren Teams ein bahnbrechendes Netzwerkkonzept entwickelt, um das spezifische Know-how der Schlaganfallzentren auch in der Fläche verfügbar zu machen. Heute zählt es mit 25 angebundenen Kliniken, zwei Telemedizinzentren und mehr als 10.000 Patienten pro Jahr zu den größten Schlaganfallnetzwerken Europas!”
Das TEMPiS-Projekt wurde im Jahr 2002 vom Städtischen Krankenhaus München-Harlaching zusammen mit der Neurologischen Klinik der Universität Regensburg ins Leben gerufen. TEMPiS baut auf drei zentrale Säulen auf, um die Zusammenarbeit der Schlaganfallzentren mit den regionalen Kliniken zu verbessern.
– 1. Säule: Telemedizinische Vernetzung von Schlaganfallzentren mit regionalen Krankenhäusern
– 2. Säule: Standardisierung der Behandlungen durch Einrichtung spezifischer Schlaganfalleinheiten in den Kooperationskliniken
– 3. Säule: Kontinuierliche Fortbildung aller Beteiligten im Netzwerk
Holetschek ergänzte: „Mit diesen drei Säulen ist es TEMPiS gelungen, an den Kooperationskliniken ärztliche, pflegerische und therapeutische Teams aufzubauen, die über eine große Expertise und Routine in der Schlaganfallversorgung verfügen und für die Patienten eine zeit- und wohnortnahe Versorgung ermöglichen. Durch TEMPiS hat sich die Versorgung in den Netzwerkkliniken für Schlaganfallpatienten signifikant verbessert!“
Der Minister betonte: „In Deutschland erleiden jedes Jahr knapp 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Der Schlaganfall zählt zusammen mit Herz- und Kreislauferkrankungen zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland und ist eine der häufigsten Ursachen einer dauerhaften Behinderung. Wir brauchen deshalb innovative Konzepte wie TEMPiS oder auch das bahnbrechende Pilotprojekt Flying Intervention Team (FIT), um die Schlaganfallversorgung weiter zu verbessern – auch wenn Bayern bereits jetzt ein Schlaganfallnetzwerk auf Spitzenniveau hat.“
Das FIT-Konzept ist ein Pilotprojekt von TEMPiS, das seit fünf Jahren erprobt wird. Hintergrund: Bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten per komplexen Kathetereingriff (sogenannte Thrombektomie) mussten Patienten bisher zeitaufwendig in geeignete Zentren verlegt werden. Das FIT-Projekt geht den umgekehrten Weg. Dort werden speziell ausgebildete Ärzte in die jeweilige Kooperationsklinik geflogen, während der Patient bereits für den Eingriff vorbereitet wird.
Holetschek hob hervor: „Das FIT-Projekt zeigt bereits vielversprechende Ergebnisse, die sowohl national als auch international für großes Aufsehen sorgen. Denn die bisherigen Daten belegen, dass eine Thrombektomie dank der FIT-Flüge zeitlich deutlich früher begonnen werden kann. Damit einhergehen weniger Folgeschäden und eine bessere Lebensqualität auch bei Patienten mit schweren Schlaganfällen.“
Seit dem Beginn des FIT-Projekts im Februar 2018 wurden bisher mehr als 500 Flüge durchgeführt. Eine Analyse der Projektinitiatoren hat ergeben, dass die Zeit bis zum Behandlungsbeginn von Schlaganfallpatienten im FIT-Setting im Vergleich zur sonst üblichen Verlegung in ein Zentrum im Median um 90 Minuten verkürzt werden konnte. Insgesamt nehmen 15 TEMPiS-Kooperationskliniken am FIT-Projekt teil.
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Archiv DIESUNDDAS/hjl