Aktuelle Situation als Chance sehen
- Geld aus Sondervermögen Infrastruktur sinnvoll nutzen
- Brückensanierung und Elektrifizierung in einem Aufwasch machen
- Keine Grenzen für moderne Schienenverbindungen in Europa
Sie verbindet Bayern, Sachsen und die Tschechische Republik und ist für den gesamteuropäischen Schienenverkehr von großer Bedeutung: die Franken-Sachsen-Magistrale. Allerdings kann die Bahnstrecke bislang nur mit Dieselzügen befahren werden, ihre Elektrifizierung kommt trotz wirtschaftlicher Vorteile nicht voran. Seit Mitte September sind zudem marode Pegnitzbrücken gesperrt und die Strecke ist nicht mehr durchgehend befahrbar – ein erheblicher Einschnitt für die Anrainerregionen und tausende Pendlerinnen und Pendler in der Metropolregion Nürnberg. In einer Diskussionsrunde in der Bayerischen Landesvertretung in Berlin haben unter anderem Christian Bernreiter, Bayerischer Verkehrsminister und Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz, der stellvertretende Bundesvorsitzende des Fahrgastverbands PRO BAHN Prof. Lukas Iffländer sowie Prof. Arnd Stephan von der Technischen Universität Dresden darüber diskutiert, wie die aktuelle Situation als Chance genutzt werden kann, die Franken-Sachsen-Magistrale endlich voranzubringen.
Verkehrsminister Bernreiter appellierte einmal mehr an Bund und Bahn, anlässlich der anstehenden Brückensanierung auch die längst überfällige Elektrifizierung der Strecke zu anzugehen: „Bund und Bahn könnten auf der Franken-Sachsen-Magistrale zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Da auf der Strecke wegen der unvermeidlichen Brückensanierungen ohnehin größere Bauarbeiten anstehen, wäre es ein Schildbürgerstreich, nicht auch die dringend notwendige Elektrifizierung umzusetzen. Es gibt meiner Ansicht nach kaum ein Projekt, das so gut zum Titel des Sondervermögens Infrastruktur und Klimaneutralität passt, wie die Elektrifizierung dieser Magistrale. Die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme wurde bestätigt, Geld sollte durch das Sondervermögen auch da sein, es gibt also für den Bund keine Ausrede. Auf tschechischer Seite ist die Strecke fast bis zur Grenze elektrifiziert. Deutschland muss endlich nachziehen! Jeder Tag, den der Bund den Ausbau verzögert, ist ein verlorener Tag für Mobilität, Klima und das Zusammenwachsen von Tschechien, Sachsen und Bayern. Wir haben zahlreichen Abgeordneten mit unseren Experten heute vorgerechnet, dass eine Elektrifizierung auch wirtschaftlich sinnvoll ist und sich schnell amortisiert.“
Prof. Lukas Iffländer: „Seit 1992 ist der Ausbau zwischen Hof und Nürnberg Teil des Bundesverkehrswegeplans. Auch 33 Jahre später leiden die Fahrgäste an lauten und nicht barrierefreien Dieseltriebzügen. Die jetzige Sperrung bringt das Fass endgültig zum Überlaufen. Wenn nach der jetzigen Notinstandsetzung Anfang der 30er die Brücken richtig erneuert werden, muss das Leiden der Fahrgäste ein Ende finden. Nur die Elektrifizierung bringt öftere, bequemere, leisere und barrierefreie Verbindungen. Für das Pegnitztal muss gelten, was für das Ahrtal gilt: Bei unerwarteten Katastrophen, muss man langwierige Verfahren aussetzen und die Chance in der Krise nutzen.“
Prof. Arnd Stephan: „Die moderne Eisenbahn des 21. Jahrhunderts zeichnet sich durch zwei Attribute aus: ,viel‘ und ,schnell‘. Die Bahn ist ein Massenverkehrsmittel, das kann sie besser als alle anderen Verkehrsträger. Und deshalb fährt die moderne Bahn weltweit elektrisch. Weil es technisch vergleichsweise einfach geht und weil es über den Lebenszyklus wirtschaftlicher ist als alle anderen Optionen. Wenn die Bahn im Wettbewerb der Verkehrsträger wirklich punkten will, dann muss sie ihren wesentlichen Systemvorteil der durchgängigen Elektrifizierung voll ausspielen. Oberleitungen lohnen sich immer, wenn genug los ist. Und dabei sind nicht nur die Hauptachsen, sondern auch potenzielle Zulauf- und Umleiterstrecken einzubeziehen. Die Franken-Sachsen-Magistrale ist ein solcher Korridor für regionale und überregionale Personen- und Güterverkehre auf der Schiene, den wir im deutschen Streckennetz dringend brauchen. Kritisch ist, dass die Umsetzung dringend gebotener Elektrifizierungen in Deutschland viel zu lange dauert. Ursächlich dafür sind komplizierte und nicht mehr zeitgemäße Planungs-, Finanzierungs- und Genehmigungs-Verfahren. Aber das sind hausgemachte Probleme, die sich ändern lassen. Das Argument der teuren Elektrifizierung ist viel zu kurz gesprungen. Langfristig lohnt sie sich immer, denn mehr Elektrifizierung sichert die Zukunft der Bahn.“
Florian Wiedemann, Landrat des Landkreises Bayreuth: „Selbst die DB InfraGO als Netzbetreiberin hat erkannt, dass die Elektrifizierung notwendig ist und zugleich mit der Brückensanierung erfolgen sollte – so wie im Ahrtal, so wie bei den Generalsanierungen. Projekte müssen zusammengedacht werden. Es wäre den Bürgerinnen und Bürgern schlichtweg nicht mehr vermittelbar, wenn sie Streckensperrungen und Schienenersatzverkehre hinnehmen müssten, nur um den Status quo zu erhalten. Jetzt ist die Zeit zu handeln – also handeln wir!“
Die Sachsen-Franken-Magistrale erstreckt sich über rund 288 Kilometer und verbindet mit den Streckenabschnitten Nürnberg – Marktredwitz – Hof, Dresden – Hof und Leipzig – Werdau Bayern und Sachsen sowie mit dem Streckenast Marktredwitz – Eger/Cheb die Tschechische Republik. Die Trasse ist im Bundesschienenwegeausbaugesetz verankert und auf sächsischer Seite vollendet respektive im Bau. Ihr Ausbau ist ein wichtiges Projekt für bessere nationale und internationale Bahnverbindungen.
Foto:
Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (vorne Mitte) diskutierte mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Region und der Branche über die Zukunft der Franken-Sachsen-Magistrale.
Quelle: StMB