Zentrum Niederbayern der Stiftung Ambulantes Kinderhospiz (AKM) ruft zum Welthospiz- und Palliativtag zu mehr Offenheit in der Gesellschaft auf
Landshut, 09. Oktober 2025 – Eine schwere Diagnose in der Familie und plötzlich ist alles anders: Krankenhausaufenthalte, Arzttermine sowie Gespräche mit Krankenkassen und Behörden bestimmen den Alltag. Gleichzeitig wissen Freunde und Bekannte oft nicht, wie sie reagieren sollen. Viele ziehen sich zurück – nicht aus Gleichgültigkeit, sondern aus Unsicherheit. Denn: Krankheit und Tod, gerade in jungen Jahren, zählen noch immer zu den großen Tabuthemen unserer Gesellschaft. Diese Berührungsängste verstärken die Isolation betroffener Familien und reißen sie aus ihrem vertrauten Leben. Anlässlich des Welthospiz- und Palliativtags am 11. Oktober, rückt das Ambulante Kinderhospiz aus Niederbayern Familien in den Mittelpunkt, die mit solch einer Diagnose leben. Denn Offenheit im Umgang mit Krankheit, Sterben und Tod ist entscheidend: Wer Sorgen und Ängste teilen darf und frühzeitig Unterstützung erhält, kann Belastungen besser bewältigen und gemeinsame Zeit bewusst erleben.
Kinderhospizarbeit: Mitten im Leben begleiten – bis zum Abschied bleiben
In der täglichen Arbeit begegnen die Mitarbeitenden des Zentrums vielen Familien, die oftmals über Jahre hinweg mit einer belastenden Diagnose leben. Neben medizinischen Fragen sind es vor allem seelische und organisatorische Herausforderungen, die den Alltag bestimmen. Geschwisterkinder geraten leicht aus dem Blick, Eltern fühlen sich erschöpft und isoliert. Die Begleitung durch den ambulanten Kinderhospizdienst schafft hier Entlastung: durch offene Gespräche, praktische Unterstützung und Stärkung im Alltag. Viele Angehörige berichten, dass sie dank der Hilfe gelernt haben, die gemeinsame Zeit bewusster und unbeschwerter zu erleben. Eine frühe Begleitung gibt Familien Zeit, Vertrauen aufzubauen und Strategien im Umgang mit der Krankheit zu entwickeln. Kinder wie auch Eltern können so mit mehr Stabilität und Hoffnung durch diese herausfordernde Lebensphase gehen“, erklärt Bettina Buhlan, Sozialpädagogin und Kinderhospizfachkraft im Zentrum Niederbayern. „Wir erleben in Niederbayern immer wieder, dass Familien erst spät den Schritt zu uns wagen – oft, weil Krankheit und Sterben noch immer mit Ängsten belegt sind. Dabei bedeutet Kinderhospizarbeit nicht nur Begleitung am Lebensende, sondern vor allem Unterstützung mitten im Leben. Es geht uns darum, Familien frühzeitig zu stärken und ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu sichern“, fügt Bettina Mayer, Leitung Zentrum Niederbayern, hinzu.
Derzeit begleitet das Team mehr als 50 Familien in der gesamten Region. Das für Betroffene jederzeit kostenfreie Angebot ist breit gefächert und orientiert sich am Bedarf der Familien: Fachkräfte bieten psychosoziale Beratung und stehen in seelischen Krisen ebenso zur Seite wie bei organisatorischen Fragen im Alltag. Ergänzend gibt es Angebote für Geschwisterkinder, die häufig eigene Ängste und Sorgen verarbeiten müssen. Eigens von der Stiftung geschulte Ehrenamtliche entlasten Familien, indem sie Zeit mit dem erkrankten Kind verbringen, Geschwister betreuen oder Eltern kleine Pausen ermöglichen. Mit Sitz in Landshut sorgt das Zentrum dafür, dass betroffene Familien auch in den ländlichen Regionen Niederbayerns verlässlich Unterstützung erhalten.
Unterschied zur Erwachsenenhospizarbeit
Während Hospizarbeit für Erwachsene in erster Linie auf die Begleitung der finalen Lebensphase ausgerichtet ist, setzt Kinderhospizarbeit viel früher an. Familien können bereits ab der Diagnose einer lebensbedrohlichen Erkrankung begleitet werden – oft über viele Jahre hinweg. Dabei steht nicht nur das erkrankte Kind im Mittelpunkt, sondern die gesamte Familie. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen – sie haben eigene Bedürfnisse, eigene Ängste und eine andere Art, mit Krankheit umzugehen. Darauf muss auch die Hospizarbeit eingehen.
Ein Appell zum Welthospiztag
Wir möchten betroffene Familien ermutigen, sich frühzeitig an uns zu wenden und ihnen die Angst nehmen, den ersten Schritt zu gehen. Jede Anfrage ist willkommen – unabhängig vom Stadium der Erkrankung. Niemand muss diesen Weg allein gehen“, betont Bettina Mayer. Gleichzeitig soll das Tabu rund um Krankheit, Sterben und Tod in jungen Jahren gebrochen werden. „Wir wünschen uns, dass mehr Menschen über diese Themen sprechen – nicht nur die Betroffenen selbst, sondern die ganze Gesellschaft. Denn Offenheit macht Mut, nimmt Ängste und schafft Räume, in denen Familien sich mit Allem zeigen können“, so Bettina Mayer.
Wie jeder Einzelne helfen kann
Unterstützung für betroffene Familien beginnt oft im direkten Umfeld. Schon kleine Gesten können viel bewirken: zuhören, ohne zu urteilen; nachfragen, statt aus Unsicherheit zu schweigen; praktische Hilfe anbieten – sei es bei Fahrdiensten, Einkäufen oder der Betreuung von Geschwisterkindern. Vor allem aber zählt, den Kontakt nicht abreißen zu lassen. Offenheit und Präsenz sind für Familien, die mit einer schweren Erkrankung leben, ein wichtiges Signal: Ihr seid nicht allein.
Ehrenamt und Spenden – Engagement, das ankommt
Wer darüber hinaus helfen möchte, kann das Zentrum Niederbayern direkt unterstützen – durch ein Ehrenamt oder durch Spenden. Ehrenamtliche schenken Familien Zeit, ein offenes Ohr und kleine Momente der Entlastung. Spenden sichern die Arbeit des Zentrums langfristig ab: von einer einmaligen Zuwendung über eine regelmäßige Patenschaft bis hin zu kreativen Aktionen. Ob Weihnachtsbasar, Benefizkonzert, Sponsorenlauf oder Spenden statt Geschenke – jede Initiative trägt dazu bei, Familien in schwierigen Zeiten Halt zu geben und ihnen ein Stück Normalität zurückzugeben.
Wer sich für ein Ehrenamt interessiert oder eine eigene Spendenaktion ins Leben rufen möchte, findet alle Informationen direkt beim Zentrum Niederbayern der Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München www.kinderhospiz-muenchen.de
Foto: © Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München.