Es ist eine Zäsur – und zugleich der Aufbruch zu neuen Ufern
Wie berichtet ziehen sich die Roten Raben Vilsbiburg nach 33 Jahren sowie je zwei Deutschen Meisterschaften und Pokalsiegen aus der 1. Volleyball Bundesliga Frauen zurück – und treten in der Saison 2024/25 in der 2. Bundesliga Pro an. Letztere Entscheidung gaben die Raben-Verantwortlichen am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz in der Ballsporthalle bekannt und erläuterten die Hintergründe der strategischen Neuausrichtung.
Nachdem in der Pressemitteilung vom vergangenen Dienstag, als die Roten Raben vermeldeten, dass sie für die neue Spielzeit keinen Lizenzantrag für die 1. Bundesliga stellen werden, noch die Tatsache dieses schmerzhaften Schnitts im Mittelpunkt stand, drehte sich nun bei der Medienrunde in der Ballsporthalle viel um die Zukunft des traditionsreichen Volleyball-Standorts Vilsbiburg. Diese wurden von allen Protagonisten durchwegs positiv skizziert – aus guten Gründen.
Klaus-Peter Jung als Vorsitzender des Aufsichtsrats war es, der die Nachricht verkündete, dass die Raben für die 2. Bundesliga Pro melden werden. „Es wird weiterhin professionell geführten Volleyball in Vilsbiburg geben“, betonte Jung und fügte hinzu, dass der Neustart eine Klasse tiefer mit dem vermehrten Einsatz junger deutscher Spielerinnen gerade für die Roten Raben mit ihrer bekannt guten und überregional wegweisenden Nachwuchsarbeit eine echte Chance sei. Als Trainerduo für das 2. Liga Pro-Team und die 2. Mannschaft, die künftig in der 3. Liga an den Start gehen soll, stellte Jung ein „hybrides Modell“ mit dem aktuellen Sportdirektor und Meistertrainer von 2008 und 2010, Guillermo Gallardo, sowie Alberto Chaparro, aktueller Coach der 2. Mannschaft und zuletzt auch Interimstrainer des Bundesliga-Teams, vor.
Zu den Gründen des Ausstiegs aus der 1. Bundesliga sagte Michael Ostermaier, Sprecher der Gesellschafter und Mitglied des Aufsichtsrats, dass der intensive Versuch, zusätzliche große Sponsoren an Land zu ziehen, gescheitert sei und man deshalb die angestrebte Konkurrenzfähigkeit nicht erreicht habe. Der Rückzug, so Geschäftsführer André Wehnert, sei allen Beteiligten „sehr schwergefallen“, gleichwohl eröffne der neue Weg dem Standort Vilsbiburg, der „einzigartig in Deutschland“ sei, „sehr gute Zukunftsperspektiven“. Er persönlich, so Wehnert, werde jedoch für diesen Weg nicht zur Verfügung stehen und seine Arbeit als Geschäftsführer nach 13 Jahren beenden.
Wie Helmut Haider, Präsident des Rote Raben e.V., einräumte, sei zwar die Enttäuschung im Verein nach der Rückzugsentscheidung „riesengroß“ gewesen, es gebe angesichts der Begründung aber auch sehr viel Verständnis. Die Ausbildung junger Spielerinnen sei und bleibe „das große Plus“ der Raben, bekräftigte Haider und zeigte sich überzeugt: „Die Vilsbiburger und die Fans stehen weiterhin zu uns!“
Explizit in dieser Richtung äußerte sich Bürgermeisterin Sibylle Entwistle. Vilsbiburg als „stolze Sport- und Volleyballstadt“ schaue mit Zuversicht nach vorne. Entwistle erkannte sogar die Chance, dass man in der neuen Situation „den Talentschmiede-Status noch ausbauen“ könnte. Ähnlich war die Tonlage bei Peter Bruckmayer, der namens der Volleyball Akademie Bayern gGmbH den Rückzug als „nicht schön“ bezeichnete, aber zugleich betonte: „Ich bin nicht traurig, sondern hoffnungsvoll und irgendwo auch froh.“
Stimmen zum Rückzug der Roten Raben Vilsbiburg aus der 1. Volleyball Bundesliga Frauen und den neuen Perspektiven in der 2. Bundesliga Pro:
André Wehnert (Geschäftsführer Rote Raben Bundesligabetriebs GmbH): „Die Verantwortlichen der Roten Raben haben sich die Entscheidung des Rückzugs aus der 1. Volleyball Bundesliga Frauen wahrlich nicht leichtgemacht. Mit Blick auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Vergleich zu anderen Erstliga-Teams, die in Groß- bzw. Landeshauptstädten angesiedelt sind, ist das eine schmerzhafte, zugleich jedoch verantwortungsbewusste Entscheidung, die den traditionsreichen Volleyball-Standort Vilsbiburg insbesondere unter dem Aspekt seiner großartigen Nachwuchsarbeit in den Fokus nimmt. Ich bin zuversichtlich, dass der Neubeginn in der 2. Bundesliga Pro dem RabenNest gute Zukunftsperspektiven eröffnet.“
Michael Ostermaier (Sprecher der Gesellschafter und Mitglied des Aufsichtsrats): „Die Bundesligabetriebs Gesellschaft bleibt erhalten. Die Gesellschafter stehen auch in der Zukunft voll zum Volleyball-Standort Vilsbiburg. Wir werden alles tun, um auch in Zukunft einen Lizenzligaspielbetrieb (in der 2. Bundesliga Pro) zu ermöglichen. Das sind wir der großen Rabenfamilie schuldig.“
Klaus-Peter Jung (Vorsitzender des Aufsichtsrats): „Der Rückzug der Roten Raben wird primär bedingt durch einen Systemwechsel innerhalb der 1. Volleyball Bundesliga Frauen. Deutlich gestiegene Budgets der Clubs, ausgelöst durch die alternativlose Professionalisierung der VBL und durch immer stärker steigende Spielerinnengehälter, stehen konträr zur geringen Anzahl der verbliebenen Teams. Diesen internen ´Wettbewerb´ können sich die Roten Raben nur bei einer deutlich verbesserten Finanzausstattung leisten. Eine deutliche Erhöhung des Etats ist uns jedoch in den vergangenen zwei Saisonen nicht gelungen. Deshalb macht es Sinn, eine Stufe zurückzugehen, um somit in der 2. Bundesliga Pro den traditionsreichen Volleyball- und Lizenzliga-Standort Vilsbiburg zu erhalten.“
Helmut Haider (Präsident Rote Raben Vilsbiburg e.V.): „Nachdem bekannt wurde, dass die 1. Damenmannschaft der Roten Raben Vilsbiburg aus der 1. Bundesliga aussteigt, war die Enttäuschung groß. Doch bald sah man in der Zukunftsperspektive – Einbinden des Nachwuchses, vor allem aus dem eigenen Internat – eine große Chance, in nicht allzu ferner Zeit wieder aufzusteigen. Wir Roten Raben sehen mit Zuversicht der Zukunft entgegen.“
Peter Bruckmayer (Volleyball Akademie Bayern gGmbH): „Ich begrüße die Entscheidung(en) vor allem aus folgenden Gründen: Der weibliche Rabennachwuchs wird durch echte/ häufige Einsätze der älteren/ guten Spielerinnen in der Pro Liga und angemessene Einsätze der jüngeren/ unerfahrenen Spielerinnen in der 3. Liga noch optimaler entwickelt. Es gibt mehr Identifikation und Begeisterung des Publikums und der Fans, weil sie engagierte Eigengewächse über einen längeren Zeitraum erleben und so mit ihnen mehr Nähe und Kommunikation aufbauen können. Und es möge hoffentlich endlich finanzielle Entspannung für alle Betroffenen – Gesellschafter, Funktionäre und Sponsoren – eintreten.“
Bürgermeisterin Sibylle Entwistle: „Die Stadt Vilsbiburg bedauert die Entscheidung sehr, auch wenn sie nachvollziehbar erscheint. Dank der Roten Raben und des Volleyballsports hat Vilsbiburg eine bundesweite Aufmerksamkeit erhalten. Die hochklassig spielende Mannschaft schaffte einen sportlichen Anziehungspunkt in unserer Stadt, den wir vermissen werden. Die Hoffnung seitens der Stadt besteht nun darin, dass die starke 2. Mannschaft mit ihrem deutlichen Erfolg dazu beiträgt, dass der Volleyballsport in unserer Region weiterhin attraktiv und sichtbar bleibt und dass das große Engagement unseres Ehrenbürgers Peter Bruckmayer, dem ich an dieser Stelle ausdrücklich dafür danken möchte, in den neueren Entscheidungen weiterleben kann.“
Landrat Peter Dreier: „Die Roten Raben waren und sind ein Aushängeschild unserer Region: Das macht uns als Landkreis, aber auch mich als Landrat persönlich sehr stolz. Auch wenn die Roten Raben nach 33 Jahren die Bundesliga verlassen, können wir gemeinsam voller Stolz auf diese besonderen Jahre zurückblicken. Ich bin überzeugt, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer weiter mitfiebern werden, wenn die Raben in der Ballsporthalle aufspielen, auch abseits der 1. Bundesliga. Denn durch die hervorragende Nachwuchsarbeit des RabenNests werden wieder viele niederbayerische Talente in den Mittelpunkt rücken, die für Spitzensport in Vilsbiburg sorgen werden.“
Bildbeschreibung von links:
André Wehnert (Geschäftsführer Rote Raben Bundesligabetriebs GmbH) – Helmut Haider (Präsident Rote Raben Vilsbiburg e.V.) – Bürgermeisterin Sibylle Entwistle – Gesellschafter und Aufsichtsrat Jens Hassler – Peter Bruckmayer (Volleyball Akademie Bayern gGmbH) – Klaus-Peter Jung (Vorsitzender des Aufsichtsrats) – Michael Ostermaier (Sprecher der Gesellschafter und Mitglied des Aufsichtsrats)
Foto:
h.j.lodermeier