Nadia Girardeau aus Lyon wirkte zwei Wochen auf der Palliativstation des Krankenhauses Landshut-Achdorf mi
Landkreis Landshut – Fremd ist die Region für Nadia Girardeau, Fachärztin für Allgemeinmedizin auf der Palliativstation des Hôpital Lyon Sud in Zentralfrankreich, mitnichten, schließlich stammt ihre Familie mütterlicherseits aus der Marktgemeinde Velden. Und dennoch sammelte die Medizinerin mit Dozententätigkeit im Rahmen ihres zweiwöchigen Praktikums auf der Palliativstation des Krankenhauses Landshut-Achdorf eine Vielzahl neuer Eindrücke und Erfahrungen, die sie nun mittels einer Masterarbeit und mit ihren französischen Kollegen im Stationsalltag teilen möchte.
Denn die palliativmedizinischen Voraussetzungen unterscheiden sich trotz gemeinsamer europäischer Initiativen zur Verbesserung der Versorgungsinfrastruktur und –dichte deutlich. „Besonders begeistert war ich von den großzügigen Räumlichkeiten, der guten Organisation und der Zeit, die sich das Personal hier für die Patienten nehmen kann“, berichtet Nadia Girardeau im Hinblick auf die noch eher im Aufbau befindlichen Strukturen in ihrer Heimat. Zwar ließen sich die rein stationäre Behandlung der Palliativpatienten, sowie die Etablierung der Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) zwischen Deutschland und Frankreich auf Augenhöhe betrachten, dennoch fehlt es in Lyon und anderen Departments an einem besonderen Aspekt, der in Deutschland nahezu flächendeckend vorhanden ist.
Die Möglichkeit, palliativmedizinisch gut versorgte Patienten in ein Hospiz zu verlegen, wo jene so an einem persönlichen und adäquaten Ort die volle Qualität des verbleibenden Lebens erfahren dürfen, besteht in Frankreich nämlich vielerorts nicht. „Darüber hinaus gibt es keine derartigen ehrenamtlichen Strukturen und Vereine“, zeigt sich die Praktikantin aus der 500.000-Einwohner Stadt am Zentralmassiv beeindruckt von der umfassenden Tiefe der Begleitung durch die Hospiz- und Palliativbewegung in Deutschland. Durch die stetige Aufklärungs- und Sensbilisierungsarbeit der Ehrenamtlichen seien Vorurteile, die den Palliativmedizinern in Frankreich noch täglich begegnen würden, hierzulande deutlich abgedämpft – ebenso wie die Angst der Patienten, deren Weg auf die Station 5C des Krankenhauses Landshut-Achdorf führt.
Doch auch innerhalb der „Grande Nation“ herrscht große gesellschaftspolitische Bewegung: So würden sich Versorgung und Verständnis auch in Frankreich deutlich verbessern, aber auch politisch ein Pfad der Liberalisierung beschritten. Unter anderem verabschiedete die Nationalversammlung Ende Mai ein Gesetzesvorhaben, welches das Recht auf Sterbehilfe (Tod auf Verlangen) unter strengen Auflagen eingesteht und zugleich den Ausbau palliativer Strukturen im gesamten Land vorsieht. Für „Gastärztin“ Nadia Girardeau boten die zwei Wochen des Praktikums am Krankenhaus Landshut-Achdorf spannende Impulse, neue Verbindungen und einen schönen Anlass, ihre noch immer im Landkreis Landshut wohnhafte Großmutter zu besuchen.