LBV äußert Unverständnis über die Kritik von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber
Hilpoltstein, 24.06.2025 – Im vergangenen Jahr hatte die Europäische Union die Renaturierungsverordnung (Nature Restoration Law) verabschiedet. In zwei Schreiben an die EU-Kommission sowie den Bundesminister für Landwirtschaft fordern die Agrarminister der 16 Bundesländer, darunter auch die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, die Verordnung vollständig aufzuheben.
Mit ihr sollen zerstörte Ökosysteme wiederhergestellt werden, um die Artenvielfalt zu stärken und so auch die Landwirtschaft widerstandsfähiger zu machen. Der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) weist die Forderungen von Ministerin Kaniber entschieden zurück und betont die Notwendigkeit der Verordnung. „Vieles, was beim Schutz der bayerischen Natur und Artenvielfalt ohnehin schon Ziel und Gesetz ist, zahlt unmittelbar auf das EU-Renaturierungsverordnung ein“, stellt LBV-Geschäftsführer Helmut Beran fest. „Umso unverständlicher ist uns der große Widerstand der Ministerin.“
Der Freistaat ist bei der Umsetzung dieser Verordnung in einigen Bereichen schon auf einem guten Weg. „Für Bayern muss das Motto jetzt heißen: nicht stehenbleiben, sondern weitermachen! Denn der erste Schritt zum Erhalt der Artenvielfalt ist mit dem Volksbegehren ‚Rettet die Bienen!‘ ja bereits getan“, ergänzt Beran.
Im Rahmen des Volksbegehrens Artenvielfalt sowie mit den selbst gesteckten Zielen beim Moorschutz hat sich Bayern in den vergangenen Jahren in Deutschland als Vorreiter im Naturschutz präsentiert. In anderen Bereichen besteht im Freistaat jedoch großer Handlungsbedarf, allen voran bei der Umsetzung des europäischen Schutzgebietsnetzwerks Natura 2000. So ist insbesondere der gesetzlich verpflichtende Schutz artenreicher Blumenwiesen auch in Bayern nur mangelhaft umgesetzt, weshalb Deutschland sogar von der EU-Kommission verklagt und aktuell vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) verurteilt wurde. „Die Renaturierungsverordnung ist nichts komplett Neues. Sie bekräftigt viele bereits bestehende Ziele der bayerischen Staatsregierung und der EU. Wir brauchen deshalb einen konstruktiven Dialog zwischen Regierung, Nutzer- und Naturschutzverbänden. Dann können wir wesentliche Verbesserungen nicht nur für die Natur, sondern auch für eine zukunftsfähige Landwirtschaft erzielen. Wir fordern von der Staatsregierung jetzt: Mehr Tempo und mehr Entschlossenheit bei der Umsetzung der Verordnung, kein Ausbremsen!“, so Helmut Beran.
Wenn es nach den Vorgaben der EU-Kommission geht, hat Bayern seine Hausaufgaben beim Schutz von Natur- und Artenvielfalt noch nicht gemacht. Der vorgeschriebene „günstige Erhaltungszustand“ artenreicher Lebensraumtypen ist noch lange nicht erreicht. Insbesondere die artenreichen Blumenwiesen, Moorlebensräume und alpine Flüsse verschwinden nach wie vor aus der Landschaft oder sind in ihrer ökologischen Funktion gestört. „Hier besteht ein dringender Handlungsbedarf!“, mahnt der LBV-Geschäftsführer.
Eine Vorreiterrolle hatte Bayern hingegen 2019 mit der Annahme des Volksbegehrens Artenvielfalt – „Rettet die Bienen!“ eingenommen. Auch der Dialog von Interessensvertretern aus Naturschutz und Landwirtschaft im Rahmen eines Runden Tisches kann als Vorbild dienen. „Bayern muss an den selbstgesteckten Zielen bei der Umsetzung des Volksbegehrens festhalten und bei der Umsetzung der Renaturierungsverordnung mit gutem Beispiel vorangehen, anstatt weiter zu bremsen“, so Beran. „Die EU-Kommission hat den Mitgliedstaaten bewusst keinen starren Umsetzungsrahmen vorgeschrieben, sondern in der Verordnung Flexibilität für konkrete Maßnahmen eingeräumt. Ministerin Kaniber sollte diese Chance nutzen und ihren Beitrag dazu leisten, die Verordnung wirkungsvoll für Natur und Landwirtschaft auszugestalten.“
Foto: Dr. Olaf Broders