„Es muss sich alles ändern, damit es bleiben kann, wie es ist.“
Dieses Zitat des italienischen Schriftstellers Giuseppe Tomasi di Lampedusa ist aktueller denn je. Es muss sich zwar nicht alles ändern, aber doch Grundlegendes. Blicken wir auf unseren Sozialstaat mit dem Wunsch, dass dieser auch in Zukunft funktioniert, dann sind tiefgreifende Reformen unausweichlich. Der zentrale Grundsatz unseres Sozialstaates lautet, dass unsere Gesellschaft diejenigen, die
Hilfe brauchen, unterstützt – und zwar solange, wie sie diese Hilfe brauchen. Doch warum wird so wenig auf die individuelle Leistungsfähigkeit Bezug genommen? Besonders wohlhabende Menschen müssen aus meiner Sicht stärker in die Pflicht genommen werden, gerade bei Aufgaben wie der Betreuung von Menschen mit Behinderung oder pflegebedürftigen Angehörigen. Innerfamiliäre Verantwortung und Solidarität statt Verantwortungsübertragung auf „den Staat“ und damit die Solidargemeinschaft, sollte die Devise lauten.
In diesem Jahr haben wir im Bezirk Niederbayern erneut in vielen Bereichen deutlich gesehen, dass unser System unter großem Druck steht. Die Kinder- und Jugendpsychiatrien sind voll, die Wartelisten sind lang, der Behandlungsbedarf steigt und die Erkrankungen werden schwerer. Deshalb haben wir uns im Bezirkstag mit einer Umstrukturierung unserer Kinder- und Jugendpsychiatrie beschäftigt. Gerade für komplexe Problemlagen soll am Bezirksklinikum Mainkofen eine Einrichtung für Krisenintervention und Clearing für Kinder und Jugendliche entstehen. In Passau setzen der Bezirk und die Kinderklinik Dritter Orden auf die Weiterentwicklung des Zentrums für seelische Gesundheit. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie
Passau soll womöglich an der Kinderklinik angesiedelt und eventuell durch deren Träger, die Barmherzigen Brüder, übernommen werden.
Auch in der Leitung der Forensischen Kliniken in Straubing und Mainkofen setzen wir auf eine stärkere Zusammenarbeit. Dies gilt auch für die Niederbayerische Thermengemeinschaft, bei der wir durch die Nutzung von Synergien effizienter arbeiten wollen, um langfristig die Betriebsergebnisse zu verbessern. Dazu gehört auch der Umbau unserer Versorgung hin zu erneuerbaren Energien, die uns unabhängiger vom Gaspreis machen. Beim geplanten Verkauf der Kaiser-Therme Bad Abbach sind wir im Moment mitten im Vergabeverfahren.
In neuen Bahnen denkt der Bezirk auch beim Thema Wohnen. Mit dem zukunftsorientierten Quartierskonzept in Landshut-Auloh hat der Bezirk Neuland betreten. Hier sollen auf einem bezirkseigenen Grundstück neue Wohnungen, auch für einkommensschwache und Menschen mit Behinderung entstehen. Auch konnten große Projekte abgeschlossen werden, wie am Bezirksklinikum Mainkofen, wo wir im Rahmen der Neustrukturierung in den letzten 10 Jahren insgesamt über 150 Millionen Euro investiert haben.
Dort, wo der Bezirk selbst agieren und den Weg bestimmen kann, werden Gestaltungsmöglichkeiten konsequent genutzt. In den allermeisten Bereichen aber sind es nicht wir, die den Rahmen vorgeben, sondern die Bundesebene, die die Weichen stellt. Gerade bei der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege, die den größten Teil der Sozialausgaben ausmachen, sind uns die sprichwörtlichen Hände gebunden. Genau hier sind aus meiner Sicht schnelle Reformen und Veränderungen notwendig. Diese Einschätzung teilen viele Experten, die sich etwa im Rahmen unseres „Forums Zukunft der Eingliederungshilfe in Niederbayern“ im Mai dieses Jahres getroffen haben.