Am vergangenen Wochenende wurde die Gedenkausstellung zum Jahrestag des Giftgasangriffs auf die kurdische Stadt Halabja vom internationalen kurdischen Freundschaftsverein Landshut veranstaltet.
Die Ausstellung war jeweils am Samstag und Sonntag für 3 Stunden am Nachmittag im Haus International geöffnet. In dieser Zeit kamen über 50 Personen in die kleinen Ausstellungsräume des Café Internationals. Darunter waren über ein Dutzend Tafeln die mit Fotografien und Informationen über den Hergang und die Hintergründe des Angriffs des irakischen Regimes am 16.03.1988 auf klärten. In der Internationalen Gemeinschaft war bereits seit Monaten zu diesem Zeitpunkt klar, dass das Regime unter Saddam Hussein über Giftgaswaffen verfügte und diese auch einsetzte. Mittlerweile ist wurde auch veröffentlicht, dass die CIA dem deutschen Geheimdienst lange vor dem Angriff darüber informierte, dass es gerade auch deutsche Firmen waren die die Giftgasproduktion von Saddam Hussein möglich machten. Die Bundesregierung beschränkte die Auslieferung der Bestandteile dieser Produktion aber erst nach dem Angriff.
Ein weiterer Teil der Ausstellung waren Interviews von Überlebenden die Mitglieder des Vereins vor Ort aufgenommen haben. Die Überlebenden Berichten was sie an diesem Tag erlebt haben und wie es für sie danach weiterging. Die ganze Ausstellung verzichtete dabei auf die Darstellung von den bekannten Bildern von Leichen und der Zerstörten Stadt. Denn als der Angriff 1988 vorbei war waren 5000 Menschen gestorben, zehntausende verletzt und die ganze Stadt dem Erdboden gleichgemacht. Auch die Langzeit Folgen für Mensch und Natur sind noch heute spürbar. Stattdessen hatte die Ausstellung neben den Informationen und den Erlebnisberichten einen Fokus auf den Umgang und die Aufarbeitung. Während die Bundesregierung den Angriff erst 2022 als Genozid betitelt und dabei Reparationszahlungen seitens Deutschland ausschließt, setzen sich Hinterbliebene für die Aufarbeitung ein. So werden Beispielhafte Projekte aus Halabja vorgestellt die einen neuen Umgang mit dem Erlebten suchen. Darunter ein dezentrales Plastikrecycling Projekt namens Shred-Up, welches sich auf den Aufbau und Erhalt der Natur in Halabja einsetzt. Mit Aktionen wie dem bepflanzen eines neuen Parks am Gedenktag des Angriffs sollen starke und Hoffnungsvolle Perspektiven entstehen, statt immer den traurigen und hoffnungslosen, sagt Kak Shnyar, eine angestellte Ingeneurin des Projekts. Ein weiteres Projekt das gezeigt wird ist der Halabja-Memoriel-Trail der erst letzte Woche vor Ort eröffnet wurde. Dieser hat viele Stationen mit Informationstafeln auf verschiedensten Sprachen in der Stadt verteilt und versucht Erinnerungen dauerhaft und nicht nur einmal im Jahr am Gedenktag zu verankern.
Aber auch der persönliche und künstlerische Umgang war ein wichtiger Teil der Ausstellung. Hier haben die Verantwortlichen Gedichte von Überlebenden gesammelt, sie übersetzen und einsprechen lassen. Durch diese poetische Verarbeitung wird das Bild von bloßen Opfern zu selbst ermächtigten Menschen gestärkt und eine sonst oft vergessene Perspektive aufgemacht. Das was die Berichte der Überlebenden, die Projekte, aber auch einige Gedichte eint ist der Wunsch nach einer guten Aufarbeitung, von der Regierung vor Ort, aber auch von der Internationalen Gemeinschaft. Reparationszahlungen kommen entweder nicht in Halabja an oder werden erst gar nicht gezahlt. Eine juristische Aufarbeitung war zu nächst wegen fehlender Gesetze was das exportieren von Bestandteilen für chemische Waffen anging schwer bis nicht möglich, bzw. als es dann möglich war verjährt. Aktuell läuft im Irak noch ein Prozess gegen europäische Unternehmen, darunter auch deutsche, die Tragweite wird von Personen die den Prozessbegleiten als minimal angesehen. In Deutschland wird dem ganzen nur wenig bis keine Aufmerksamkeit gegeben.
Der Verein ist sehr zufrieden über die Ausstellung und das Gedenken. Auch wenn es am Rande der Ausstellung zu leichten Provokationen kam. „Das leugnen der Existenz von Kurd:innen oder die Behauptung alle Kurd:innen seien Terrorist:innen, wie es eine Besucherin gemacht hat zeugt von einem antikurdischen Rassismus den es eben auch in Deutschland gibt“, sagt dazu der 2. Vorstand des Vereins. „Wir setzen uns für die Sichtbarkeit von kurdischen Leben zusammen mit den Kurden und Kurden:innen die hier in Deutschland leben ein. Dazu gehört es Erinnerungsarbeit zu machen, dazu gehört es die Gemeinschaft zu stärken und sichtbar zu machen und eben auch gegen antikurdischen Rassismus einzustehen.“
Fotos:
Internationaler kurdischer Freundschaftsverein Landshut e.V.