POETISCHES von Oskar STOCK: „Ein Haar“ – „Genießer“

Ein Haar

Am dunklen Anzug, voller Spott,
da prangt es grell in Tizianrot,
als sei es geradezu erpicht,
damit es gut ins Auge sticht.
Die Gattin mit brünettem Haar,
das nachweisbar nie rötlich war,
bemerkt es auf den ersten Blick,
und nimmt sich das bewusste Stück.
Dem Manne fehlt, sichtlich erschreckt,
ein Alibi, welches ihn deckt,
und außerdem kennt er fürwahr,
kein Mädchen mit solch’ rotem Haar.
Doch stellt sich später rasch heraus,
was wie ein Mädchenhaar sieht aus,
das ist ein Faden, ein Gesponnst –
und aller Ärger war umsonst.

Genießer

Jede Woche, irgendwo …
sieht man den Felix, faschingsfroh,
auf einem Ball und Tanzvergnügen,
weil ihm die Mädchen eben liegen,
die Dekolletés, die nackten Rücken,
bereiten ihm schon sehr Entzücken,
die schlanken Beine und noch mehr –
wenn er nur nicht schon Siebzig wär’!
Foto: Oskar Stock priv.

 

 

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