„Wie ein RAF-TERRORIST mein LEBEN nachhaltig beeinflusst hat“

Die Adventszeit bietet eine Gelegenheit sich auf das zu besinnen was wirklich wichtig im Leben ist.

Zeilen zur Adventszeit von Herbert Zelzer

Geht es Ihnen auch manchmal so: Die Nachrichten laufen, am Radio oder am Fernsehen, oder die Zeitung liegt am Frühstückstisch – und man würde am liebsten ausschalten oder die Zeitung weglegen? Wenn es Ihnen auch so geht, dann sind Sie nicht allein. Die sogenannte Gruppe der Nachrichten-Verweigerer wächst stetig. Etwa jeder Dritte gibt laut dem „Digital News Report 2023“ an, häufig auf Nachrichten zu verzichten. Die Welt, sie ist leider in keinem sonderlich guten Zustand.

Wie alles im Leben hat auch diese schreckliche Entwicklung eine zweite Seite. Und die ist, dass viele Menschen ihre Prioritäten neu setzen. Zu beobachten war das im Freundes- und Familienkreis schon während Corona, das uns fast drei Jahre lang in Atem gehalten hat. Viele haben schon wieder vergessen, was von Menschen gefordert wurde: Sie mussten auf Kontakt zu Verwandten und Freunden verzichten. Statt sich abends beim edlen Italiener zu vergnügen, war plötzlich der Wanderrucksack angesagt. Viele haben damals die Natur für sich entdeckt. So ist es auch jetzt mit den schlimmen Kriegen in der Ukraine und jetzt im Nahen Osten. Für viele Menschen stehen plötzlich nicht mehr Besitz und die Selbstoptimierung mit fünfmal wöchentlich Fitnessstudio im Vordergrund. Viele merken, ich auch, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt: Freundschaften beispielsweise. Oder Zeit mit der Familie und Freunden zu verbringen.

Ja, dass auch der Besuch eines Weihnachtsmarktes nicht selbstverständlich ist, das wissen wir seit Corona. Doch wer die schlimmen Bilder aus der Ukraine gesehen hat, der kann sich nicht vorstellen, dass dort die Menschen auf Weihnachtsmärkte gehen – sie fürchten um ihr Leben.

Die Adventszeit ist eigentlich eine Zeit des Verzichts, nicht des Konsums. Das haben wir aber in den letzten satten Jahrzehnten vergessen. Ich bin froh, einer Generation anzugehören, die nie Krieg am eigenen Leib erlebt hat. Ja, es stimmt: Als ich ein junger Mann war, in den 70er Jahren, da herrschte Angst vor dem Terror der RAF. Ich habe damals meinen 2-jährigen Wehrdienst beim Bundesgrenzschutz abgeleistet und wollte mich eigentlich auf Lebenszeit verpflichten. Auf der ganzen Welt Deutsche Botschaften beschützen war irgendwie mein Ziel. Als ich dann bei dem Austausch eines RAF-Terroristen beteiligt war bekam ich die „Flatter“. Mir hat es Angst gemacht, mit der geladenen und entsicherten Maschinenpistole neben einem der gefährlichsten Terroristen Deutschlands stehen zu müssen.

Ich habe dann lieber in einer Wirtschaft gearbeitet, die demjenigen Erfolg versprochen hat, der in die Hände spuckt. Ich glaube, das ist wiederum die Kehrseite unseres Reichtums der letzten Jahre. Wir sind träge geworden und die Bürger haben oft den Wunsch an die Politiker, sie sollen doch einfach die Probleme lösen, indem sie viel Geld verteilen. Nicht jeder Euro, der in unserem Land umverteilt wird, kommt auch wirklich Bedürftigen zugute. Leider verteilen wir allzu oft das Geld von einer Tasche in die andere. Aber wir dürfen froh sein, noch in einem sehr wohlhabenden Land zu leben, das sich das auch leisten kann.

Die Adventszeit ist für mich die Gelegenheit, mich zu besinnen auf das, was im Leben wirklich wichtig ist. Ich freue mich auf einen Punsch und eine „Knackersemmel“ auf den Christkindlmärkten unserer wunderbaren Region. Und ich freue mich, dass es den Menschen gut geht, die ich liebe. Und für diejenigen, denen es nicht so gut geht, weil sie krank sind oder weil ihnen liebe Menschen abhandengekommen sind, versuche ich in dieser Zeit besonders da zu sein.

Jetzt werden Sie vielleicht denken: Ach, dieser Herbert Zelzer, jetzt tut er so, als wäre er ein guter Mensch. Wissen Sie, ich mache das nicht aus übersteigerter Nächstenliebe. Sondern weil ich gemerkt habe, wie wichtig diese Dinge sind: Menschen zu haben, die man liebt. Und Zeit mit solchen verbringen zu können, die einem wichtig sind.

Die Welt mag im Moment kein ruhiger Ort zu sein. Viele Menschen erleben Terror und Krieg. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass es zumindest bei uns zuhause ein klein wenig menschlicher zugeht.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine schöne Adventszeit und ein besinnliches Weihnachtsfest.

-hz-

 

Foto: H. Zelzer priv.

 

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