ZEITREISE in die bayerische VERGANGENHEIT  

Vom Gymnasium ins Freilichtmuseum

Eine Woche leben wie anno dazumal, eine Woche voller Erwartungen und Skepsis, Skepsis vor der Aussicht unser komfortables und digitales Zeitalter für eine Welt einzutauschen, die noch nicht von Konsum beeinflusst war und von der Genügsamkeit und Wertschätzung gegenüber lebenswichtigen Produkten geprägt war. Doch haben wir, als 17-jährige Jugendliche diese Zeitreise aus der Moderne in die Vergangenheit ohne bleibende Schäden überstanden?

 

Wie alles begann…

Die Vorstellung für eine Woche auf dem harten Boden zu schlafen, würde vermutlich jeden abschrecken. So waren auch wir wenig erfreut, als wir bei unserer Ankunft feststellten, dass es keine Betten gibt und wir uns nun für die nächsten Tage mit Rückenschmerzen herumplagen dürfen. Es war allerdings nicht lange Zeit zum Jammern, da die ersten Arbeitsaufträge bereits auf uns warteten. So ging es zum Marmeladen machen und „Loadhütte“ reparieren. Während im Garten fleißig nach duftenden Rosen und wohltuenden Kräutern gesucht wurde, wurde an der Hütte tüchtig gehandwerkelt. Das Kochteam (Ja, wir haben uns selbst versorgt) beglückte uns mit Grießknödelsuppe und mit typisch bayerischen „Greicherten“. Da wurde nach der harten Arbeit ordentlich zugelangt. Danach ging’s gleich wieder an die Arbeit, um das

Selbstversorgerglück zu vollenden, mit einem selbst gebackenen Sauerteigbrot. Der Herstellungsprozess diente zur Stressbewältigung, Zitat von Frau PhilippRauscher:“Stoids eng an Lehrer vor!“. Dies führte nochmal zu einem ordentliche Motivationsschub beim Teigboxen. Nach vollendeter Agressionsbewältigung kamen die Brote in den Holzofen, samt einiger belegter Sengzelten, die zum Abendessen verspeist wurden. Als Abschlussritual für die weitere Woche, bürgerten sich an diesem Abend altbayerische Kartenspiele und Müslirunden um 12 Uhr nachts ein. Gemütliches Beisammensein (fast) wie in alten Zeiten.

Tierisch, tierisch…

Der Morgen begann mit landwirtschaftlichen Tätigkeiten, wie Kühe umweiden, einem 2. Erbeerfrühstück, Versorgung der Hasen und Verwöhnen der Esel. Zwischen Eseldame Julie und Angelina war es Liebe auf den ersten Blick. Die Jungs kämpften sich stattdessen seit den frühen Morgenstunden durch die Tiefen des bayerischen Waldes und halfen Forstarbeitern dabei, Bäume zu fällen und die Rinde zu entfernen, um neues Material für ihre „Loadhütte“ zu bekommen. Als Dank wurden die feschen (Zitat Frau Philipp-Rauscher) Arbeiter noch zu Brotzeit und Strudel eingeladen, der vom Kochteam mit der Hilfe von Anette aus dem Kulturverein liebevoll zubereitet wurde. Unter sengender Hitze stand nachmittags dann der Kurs „Vom Flachs zum Leinen“ und das Weiterbauen an der Hütte an. Vom am Spinnrad spinnen, bis Wolle kämen probierten wir alles und verstanden den wahren Aufwand hinter der Herstellung von Kleidung. Wie es noch öfter in dieser Woche passieren sollte, lernten wir hier die Wertschätzung für uns alltägliche Dinge. Wegen den hohen Temperaturen durchlebten wir ein kleines Nachmittagstief und beschlossen uns im hauseigenen Grand des Kappelhofes abzukühlen, während die Jungs den Abend am Reschbach ausklingen ließen. Als leckeres Abendessen gab es Pizza aus Sengzeltenteig, wobei die Hälfte des Teiges eigentlich auf den Gesichtern der Köchinnen verteilt war. Trotz der guten Qualität des Abendessens stellte sich bei den Herren des Teams ein leichtes Magengrummeln ein, was dazu führte, dass uns einer der Jungs verlassen musste. Das Bad war besetzt…     Who’ll stop the rain?

Am vorletzten Tag mussten wir kurzzeitig in unsere digitale Welt zurückkehren, um unsere Diashow mit den besten Momenten der Woche vorzubereiten und um ein Rettungsversuch für einen Hasen im Freilichtmuseum zu starten, der auf Grund von familiären Hasenproblemen ein neues Zuhause sucht (sonst wird er Adlerfutter im Nationalpark), bitte melden sie sich bei Interesse beim Freilichtmuseum. Nachmittags gab es eine Besprechung zur aktuellen Lage, bei der noch einige Feinheiten für den „Waidlernacht“ geklärt wurden. Zum Mittagessen bekamen wir von unserem Kochteam und dem lieben Hans, dem ehemaligen Vorsitzenden des Kulturvereins, ein phänomenale Schwammerlsuppe mit Semmelknödel serviert. Mit guter Stimmung und voller Vorfreude auf den letzten Tag, endete auch dieser mit kühlen Getränken im Grand.

Am nächsten Tag erwartete uns ein böses Erwachen, es schüttete wie aus Eimern, kein Ende in Sicht. Etwas enttäuscht, stellten wir uns der Herausforderung der Aufbauarbeiten und der restlichen Vorbereitung. Glücklicherweise verzogen sich die Wolken bis zum Abend und alles lief sowohl wetter- als auch planungstechnisch gut. Von Krapfen bis zu frischem Brot mit verschiedenen Aufstrichen (selbstverständlich alles selbstgemacht) war alles geboten, auch wenn sich der ein oder andere deswegen eine Brandblase zugezogen hat. Es wurde außerdem frisch gezapft und es waren eine Diashow, ein bayerischer Geschichtenerzähler, ein Schindelmacher, eine Fotografin mit altertümlichen Kostümen und eine Schnitzeljagd samt Stockbrot geboten. Kurz, die „Waidlernacht“ war ein voller Erfolg, bei der wir den Leuten einen Teil von dem vermitteln konnten, was wir im Freilichtmuseum erlebt und gelernt haben.

Alles endet einmal…

Zum Schluss noch einmal die Frage des Anfangs. Haben wir diese Reise in die Vergangenheit schadenlos überstanden? Oder, noch viel wichtiger, haben wir etwas daraus mitgenommen? Nun, dass die beiden Autorinnen während des Schreibens dieses Artikels am eingeheizten Holzofen gesessen haben und selbst gemachten Strudel gegessen haben, dürfte Ihnen die Antwort vielleicht schon liefern. Um es aber noch einmal klar auszudrücken, ja, wir haben etwas mitgenommen, Vieles sogar. Beispielsweise die Erkenntnis, dass nicht alles selbstverständlich ist, dass eine Handypause äußerst angenehm sein kann, und das Gefühl, sich etwas wirklich verdient zu haben, weil man es mit seinen eigenen Händen hergestellt hat. Mit diesen Eindrücken kehren wir zurück in unser alltägliches Leben, erschöpft, doch auch zufrieden.

Bild-Text-Autorinnen:
Frida Pucher und Angelina vom Gymnasium Freyung Klasse 11

 

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