„Bund muss Kommunen endlich ernst nehmen.“

„Integration ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Freistaat und Kommunen und Kommunen kommen an Grenzen.“

„Mit finanzieller Unterstützung allein ist es nicht getan.“

Die Herausforderungen des letzten Jahres konnten dank der Städte und Gemeinden gemeistert werden. Ohne die Flexibilität von Kommunalverwaltungen und die Mithilfe der Bevölkerung hätten Geflüchtete aus der Ukraine und Asylbewerber nicht so schnell Schutz und Hilfe bekommen, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, der Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr: „Die Städte sind verlässliche Partner, wenn es darum geht, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu schultern. Kommunen stehen zu ihrer Verantwortung, sie gehen organisatorisch und finanziell in Vorleistung bei der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten sowie bei der Integration.“

„Die Kommunen kommen jedoch zunehmend an Grenzen. Die Möglichkeiten der Kommunen zur Unterbringung von Geflüchteten sind an vielen Orten in Bayern erschöpft“, sagt Pannermayr. Die Schaffung neuer Räumlichkeiten wird immer schwieriger. Bund und Freistaat müssen in ihren Liegenschaften Aufnahmekapazitäten schaffen und dauerhaft vorhalten. Pannermayr: „Neben akuten Problemen bei Erstaufnahme und Unterbringung müssen wir vor allem die langfristige Integration in den Blick nehmen. Der Erfolg von Integration ist sehr wesentlich für das Zusammenleben in Städten und Gemeinden. Integration läuft in vielen Schritten – von Kinderbetreuung und Schule, Sprache bis zu Berufsbildung, Freizeit, Sport, Kultur und Wohnen. Integration ist keine Einbahnstraße, die Schutzsuchenden müssen daran aktiv mitwirken. Deutsch zu lernen und Arbeit zu finden, ist vorrangig von den Hilfesuchenden anzustreben. Integration ist ein langer Prozess, der alle Seiten fordert und einen hohen finanziellen Aufwand mit sich bringt.“ Kommunen müssen beispielsweise zusätzliche Personalstellen planen, um die soziale Betreuung und die Verwaltung zu gewährleisten.

„Es ist für uns sehr enttäuschend, dass die Verhandlungen auf der Ebene des Bundes so zäh verlaufen und von Flüchtlingsgipfel zu Flüchtlingsgipfel immer nur kleine Zwischenschritte abbilden. Das wird den berechtigten Erwartungen der Städte nicht gerecht. Der Bund muss endlich die Situation der Kommunen ernst nehmen. Die finanzielle Unterstützung muss verstetigt und dynamisch an die Zahl der Geflüchteten angepasst werden – Sonderzahlungen oder befristete Mittel helfen nur sehr bedingt. Wirksame Lösungen müssen schnell erarbeitet werden, um mit der Dynamik der Entwicklung in den Kommunen Schritt halten zu können“, sagt Pannermayr.

Bundesmittel müssen in der Folge über den Freistaat rasch und vollständig in einem transparenten Verfahren an die Kommunen fließen. Kommunen erbringen vielfältige Integrationsleistungen, die sich langfristig in kommunalen Haushalten niederschlagen. Aus den Mitteln für Familienpolitik müssen die Kommunen zur Schaffung von zusätzlichen Kindertagesplätzen Geld erhalten. Bei Schulen ist der Freistaat zusammen mit den Kommunen gefordert. Für Kinder und Jugendliche sind Kitas und Schulen die erste Integrationsinstanz. Darüber hinaus entstehen Kosten für Jugend- und Schulsozialarbeit, Sprachkurse, Integrationsangebote und Berufsbildung. Das kostet Geld für Kommunen und bedeutet zu-sätzlichen Personalaufwand in Kindertagesstätten, Schulen, Jugendämtern und Sozialämtern.

Die aktuelle Herausforderung lässt sich laut Pannermayr aber nicht auf finanzielle Fragestellungen reduzieren: „Mit finanzieller Unterstützung allein ist es nicht getan. Das ist eine humanitäre Gemeinschaftsaufgabe für Bund, Länder und Kommunen. Alle Ebenen müssen ihren Beitrag leisten. Die EU muss Menschen in Not eine Perspektive für den Aufbau eines vernünftigen Staatswesens in ihrer Heimat geben. Der Bund muss konsequent darauf hinarbeiten, dass die EU den Zugang von Zuwanderern besser steuert und die Außengrenzen besser überwacht. Nötig sind schnellere Verfahren bei der Feststellung von Bleiberechten und eine angemessene Verteilung auf die EU-Mitgliedstaaten. Zum Gelingen der Integration von Bleibeberechtigten gehört, dass Menschen ohne Bleiberecht schnell in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden.“

Darüber hinaus muss der Bund laut Pannermayr prüfen, inwiefern seine Regelungen der Leistungsgewährung im Hinblick auf Regelungen in anderen EU-Staaten anzupassen sind. Auf viele Fragen, die sich in Folge von Krieg, Not, Vertreibung und Flucht stellen, gibt es keine einfachen Antworten und keine schnellen Lösungen. Kompetenzrangeleien oder gegenseitige Vorwürfe helfen nicht, sagt Pannermayr: „Gerade bei schwierigen Themen kommt es in angespannten Zeiten auf sprachliche Disziplin an. Die rhetorische Intonierung in Fragen von Asyl und Flucht muss der Komplexität der Sachverhalte und den betroffenen Menschen gerecht werden.“

Foto:
Pannermayr priv.

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