Krisen zeigen hohen Stellenwert der regionalen Getreideverarbeitung: MdL Ruth Müller tauschte sich mit Vertretern des Müllerhandwerks in der Bartmühle aus
Seit mehr als 600 Jahren vermahlt die Bartmühle am Klötzlmühlbach bei Bruckberg Weizen, Roggen und Dinkel zu Mehl. Der Bach ist ihre Lebensader und ihr Motor – dank ihm kann die regionale Mühle sich bis heute am wettbewerbsintensiven Markt behaupten. „Wenn ich das Wasserkraftwerk nicht hätte, müsste ich zusperren“, stellt Pächter Rudi Sagberger mit Blick auf die seit dem Ukraine-Krieg gestiegenen Energiepreise fest. Anlässlich des Deutschen Mühlentages gaben er und Dr. Josef. Rampl, Geschäftsführer des Bayerischen Müllerbundes, der agrarpolitischen Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Ruth Müller, und Vertretern der SPD-Kreistagsfraktion, Christel Engelhard und Franz Göbl, einen Einblick in ein jahrhundertealtes Handwerk.
Bayern ist in der Bundesrepublik quasi noch der Leuchtturm, was Mühlenstandorte angeht: Mehr als die Hälfte der insgesamt 176 statistisch erfassten Mühlen stehen in Süddeutschland. „In Mecklenburg-Vorpommern hingegen gibt es keine einzige Mühle mehr“, berichtet Josef Rampl und verweist auf die Vorteile der regionalen Wertschöpfung sowie auf die langen Wege, die das Getreide andernorts zu Mühlen zurücklegen muss.
Ganz anders in der Bartmühle oder der Ellermühle, die die Familie Sagberger in dritter Generation betreiben. Wenn Seniorchef Rudi Sagberger aus einem der Fenster des Mühlenturms blickt, kann er den Landwirten bei der Ernte zusehen, die wenig später in seinen Silos landet und zu Mehl verarbeitet wird. Und auch der Weg zum Kunden ist kurz: Viele Bäcker aus Stadt und Landkreis Landshut, Moosburg und Freising nehmen ihm das Mehl ab; die Kleie, also die Schale des Korns, landet bei den Landwirten als hochwertiges Tierfutter. „Dank der regionalen Wertschöpfungskette konnte ich auch Mehl liefern, als die Supermarkt-Regale während der Corona-Pandemie leer blieben“, berichtet Sagberger, der „auf Qualität statt auf Masse“ setzt.
Entgegen allen Gerüchten wird in Bayern kaum ukrainisches Getreide verarbeitet. Der Anteil betrage laut Rudi Sagberger unter einem Prozent und sei demnach zu vernachlässigen. „Mittelständische Müller setzen auf regionale Wertschöpfungsketten“, so Sagberger. Verantwortlich für die starken Preisschwankungen seien zwei andere Faktoren: Der volatile Einfluss der internationalen Getreidebörsen in Paris und Chicago sowie die üppigen Ernten mit schwachen Getreidequalitäten. „Die Mühlen werden immer versuchen, möglichst viel ihres Bedarfs mit heimischem Getreide zu decken und Partner für die Landwirtschaft und die Backwarenwirtschaft zu sein, weiß der Präsident des Bayerischen Müllerbundes. Man könne also davon ausgehen, dass die bayerische Getreideernte, egal ob als Lebensmittel oder als Futtermittel auch in Bayern möglichst regional verarbeitet werde.
Was die Müller allerdings umtreibt, ist die Düngemittelverordnung der Ampel-Regierung. Speziell die roten Gebiete, in denen Landwirte wegen zu hoher Nitratwerte im Grundwasser nur stark eingeschränkt düngen dürfen, bereiten Rudi Sagberger ein Qualitätsproblem. Denn: mehr Eiweiß im Getreide bedeute mehr Kleber im Mehl, der wiederum für die gute Backfähigkeit der Produkte verantwortlich sei. „Gerade in heißen und trockenen Jahren wirkt sich eingeschränkte Düngung auf Ertrag und Qualität aus, was auch uns Müller vor erhebliche Probleme stellt“, erklärt Rudi Sagberger. „Die Düngeverordnung werden wir wohl nicht noch einmal aufmachen“, so Ruth Müller. Stattdessen müssten die Messstellen endlich ausgebaut werden, wie es ursprünglich schon im Koalitionsvertrag von CSU und FW beschlossen worden war. Zudem könne man versuchen, in Jahren, in denen der Klimawandel bei der Ernte stark zu spüren sei, über die Risikoausgleichsrücklage Erleichterungen zu schaffen.
MdL Ruth Müller wollte am Ende vom zukünftigen Betriebsleiter Thomas Sagberger wissen, was sich denn der Nachwuchs wünsche. „Eine Förderung bei Betriebsübernahmen wäre im Lebensmittelhandwerk generell hilfreich. Dann würden vielleicht auch angestellte Gesellen oder Meister den Schritt in die Selbstständigkeit öfters wagen“, so Sagberger junior. Hier waren sich die Gesprächsteilnehmer einig, dass man bei der Wirtschaftsförderung nicht nur hippe Start-ups in den Blick nehmen, sondern auch bodenständige Handwerksbetriebe unterstützen sollte. Mittlerweile starten jedes Jahr rund zehn Müller in ganz Bayern eine Ausbildung in den hoch interessanten Müllerberuf. In diesem Zusammenhang verwies Josef Rampl auf den stark steigenden Frauenanteil unter den Müllermeisterinnen, die erfolgreich Mühlenbetriebe in Bayern leiten.
Ausdrücklich bedankten sich Rudi Sagberger und Josef Rampl bei der Landtagsabgeordneten, dass auch kleine Wasserkraftanlagen wie die der Bartmühle weiterhin gefördert werden. „Die Krisen der letzten Jahre haben gezeigt, wie wichtig die regionale Nahversorgung ist. Und gerade das Müllerhandwerk agiert zwar im Hintergrund, seine Produkte sind aber täglich in aller Munde. Deswegen ist es wichtig, dass diese regionalen Wertschöpfungsketten auch eine Zukunft haben“, betonte MdL Ruth Müller nach dem informativen Rundgang und Austausch.