Im JUBILÄUMSJAHR gibt es noch immer HERAUSFORDERUNGEN an der GRENZE

Ruth Müller, MdL, und Markus Rinderspacher, MdL, besuchen den ehemaligen Grenzbahnhof

Von einem „historischen Ort“ sprach SPD-Generalsekretärin Ruth Müller, MdL, als sie mit Landtags-Vizepräsident Markus Rinderspacher, MdL, den ehemaligen Grenzbahnhof in Bayerisch Eisenstein besuchte. Die Politiker waren einen Tag entlang der deutsch-tschechischen Grenze unterwegs. Sie hörten, wie Niederbayern und Böhmen seit des Beitritts Tschechiens zur Europäischen Union vor 20 Jahren zusammengewachsen sind. Aber sie erfuhren auch, dass die Grenze – in den Köpfen und in der Zusammenarbeit – noch immer nicht ganz verschwunden ist.

Georg Bauer, der Vorsitzende des Naturparks Bayerische Wald, hatte die Besucher im ehemaligen Grenzbahnhof empfangen und sie auf den früheren Grenzverlauf hingewiesen. Begleitet wurden Müller und Rinderspacher von Michael Herzog, Bürgermeister von Bayerisch Eisenstein, Michael Adam, Bürgermeister von Bodenmais und Landrat a. D. des Landkreises Regen, sowie von Hilde Greiner, der stellvertretenden Landrätin von Freyung-Grafenau, dem Waldkirchener Stadtrat Josef Süß sowie dem ehemaligen Bürgermeister Bayerisch Eisensteins, Thomas Müller.

Bürgermeister Michael Herzog berichtete, dass die Region sehr von EU-Fördergeldern, etwa im Bereich des Tourismus, profitiert. Für viele Gäste sei es reizvoll, an der Grenze Urlaub zu machen und somit beide Länder besuchen zu können. Gleichwohl müsse man den Tourismus noch grenzüberschreitender denken und bayerische und böhmische Kultur erlebbar machen. Dabei sei es wichtig, gemeinsam die richtigen Akzente zu setzen. E-Bikes seien aus der Tourismusbranche nicht mehr wegzudenken. Allerdings sei die Infrastruktur in Deutschland im Vergleich zu Tschechien noch verbesserungswürdig. Ruth Müller, MdL, nahm dies interessiert zur Kenntnis, da sie als Mitglied des Landwirtschaftsausschusses seit Beginn der Legislaturperiode auch die Abgeordnete der SPD für Tourismus ist, der dem Landwirtschaftsausschuss zugeschlagen wurde. Herzog machte den Gästen aber auch klar, dass Sprachbarrieren bestehen, zum Beispiel bei Ansagen im Zug.

Herzog berichtete, dass seine Heimatgemeinde Bayerisch Eisenstein ein „klassisches Pendlerdorf“ sei. Viele Einwohnerinnen und Einwohner fahren zur Arbeit nach Zwiesel oder Regen. Eine Grundschule gebe es nicht mehr am Ort. Michael Adam, der Bürgermeister von Bodenmais und ehemaliger Landrat im Landkreis Regen, machte deutlich, dass es nicht nur in Bayerisch Eisenstein viel Potenzial im Bereich Gastronomie und Hotellerie gebe. Für eine weitere Verbesserung brauche es aber staatliche Unterstützung. In Tschechien steigen die Löhne, sodass nicht mehr so viele Tschechen zur Arbeit nach Deutschland pendeln. Dass sich tschechische Firmen bei größeren Ausschreibungen, die europaweit erfolgen müssen, auf deutsche Aufträge bewerben, gebe es so gut wie nicht mehr. Bayern ist für Tschechien der zweitwichtigste Handelspartner, ergänzte Rinderspacher.

Herzog und Adam berichteten noch von „Situationen des täglichen Lebens“, in denen sie sich Unterstützung aus dem Landtag wünschten, weil die Grenze nach wie vor spürbar ist. So sei es immer noch nicht problemlos möglich, dass die bayerische und die tschechische Feuerwehr Einsätze gemeinsam bestreite. Nach der derzeitigen Rechtslage können Kommunen keine Vereinbarung für grenzüberschreitende Hilfeleistung und Zusammenarbeit im Brandschutz unterhalb der Schwelle der Katastrophen und von schweren Unglücksfällen abschließen. Lediglich für Katastrophen oder die Hilfe bei schweren Unglücksfällen gibt es einen Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik. Für „normale“ Feuerwehreinsätze müsste erst eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, die grenzüberschreitenden Vereinbarungen ermöglicht.

Rinderspacher, der auch europapolitischer Sprecher der SPD-Fraktion ist, sieht hier auch den Freistaat Bayern in der Pflicht. „Bayern muss für seine Kommunen einstehen und in ungeklärten Fragen eine Garantenpflicht übernehmen“, sagt Rinderspacher. Für ihn ist die Europawahl für die Grenzregion von besonderer Bedeutung. Man dürfe nicht rückwärtsgewandt denken und diejenigen wählen, die die Grenzen wieder schließen und zurück ins letzte Jahrhundert wollen. „An diesem Bahnhof wird Europa sichtbar und erlebbar“, bedankte sich Ruth Müller bei Georg Bauer, der den historischen Ort betreut und so dafür sorgt, dass die wechselvolle Geschichte lebendig bleibt.

Infokasten:

Ein Jubiläumsjahr für Bayerisch Eisenstein:

79 Jahre Frieden in Deutschland/ Ende des Zweiten Weltkriegs: 1945

71 Jahre Grenzziehung / Abbau der Gleise / Einstellung des Güter-Zugverkehrs: September 1953

55 Jahre „kleiner Grenzverkehr“: 1969

35 Jahre Mauerfall: 1989

34 Jahre Wiedereröffnung Bahnhof: 2. Juni 1991

20 Jahre EU-Beitritt Tschechien: 1. Mai 2004

 

Foto: Thomas Gärtner

 

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