Bezirk Niederbayern und Kinderklinik Dritter Orden in Passau unterzeichnen Kooperationsvertrag
„Hilfe aus einer Hand“ erhalten künftig betroffene Familien, wenn Kinder und Jugendliche psychische Probleme aufweisen. In Passau haben Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich und der Geschäftsführer der Kinderklinik Dritter Orden in Passau, Reinhard Schmidt, am Dienstag nach rund zwei Jahren Vorbereitungszeit einen Kooperationsvertrag unterzeichnet, in dem sie die Grundlagen für ein „Interdisziplinäres Zentrum für seelische Gesundheit für Kinder und Jugendliche“ geschaffen haben.
Jungen Patienten soll schneller geholfen werden
Hintergrund ist die aktuelle, noch nie da gewesene Welle an Kindern und Jugendlichen mit schweren psychischen Belastungen und Krankheiten bei einer gleichzeitig herausfordernden Personalsituation. Neben dem gestiegenen Bedarf werden aber auch die Krankheitsbilder an sich komplexer und mehrdimensionaler, wobei es zu fachlichen Überschneidungen zwischen psychiatrischen, psychosomatischen und somatischen Aspekten kommt. Das machte es bisher für Familien schwierig, den richtigen Ansprechpartner zu finden.
„Wer wann und wo zuständig ist, kann uns egal sein – es muss der Patient und seine Familie im Mittelpunkt stehen“, so Prof. Dr. Matthias Keller, Chefarzt der Kinderklinik, der gemeinsam mit Dr. Tanja Hochegger, der Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Bezirkskrankenhaus Landshut, die Details der Zusammenarbeit ausgearbeitet hat. Künftig werde es eine Hotline geben, die mit einer Person besetzt sei, die sich kümmert, so Keller. So kann der Patient an die richtige Stelle verwiesen werden. Außerdem wird es gemeinsame Fallbesprechungen des Teams sowie gemeinsame Fort- und Weiterbildungen geben.
Bezirk tritt freiwillig genehmigte Betten an die Kinderklinik ab
Diese „bedarfsgerechte Fürsorge“ ist laut dem Chefarzt das bayernweit Einmalige an dem Konzept – selbst in Deutschland sei ihm keine ähnliche Kooperation bekannt. Ebenso einmalig ist auch, dass der Bezirk Niederbayern von den ihm durch den Bayerischen Krankenhausplanungsausschuss genehmigten 30 stationären Betten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Passau zehn an die Kinderklinik abtritt. „Das macht einfach Sinn. Wir lassen damit zwei wichtige Säulen der psychiatrischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen an einem Standort nahezu verschmelzen – zum Wohle der Familien im gesamten ostbayerischen Raum“, betonte Bezirkstagspräsident Olaf Heinrich.
Gunst der Stunde im Zuge der Baumaßnahmen nutzen
Man wollte die „Gunst der Stunde“ nutzen, um diese Kooperation auf die Beine zu stellen, da der Bezirk derzeit die Erweiterung des Bezirkskrankenhauses Passau plant und auch die Kinderklinik vor einer größeren Baumaßnahme steht. Die räumliche Nähe der beiden Gebäude (sie sind nur durch eine Straße getrennt) ist dabei von großem Vorteil. „Wir haben die Raumaufteilung so geplant, dass im Bestandsgebäude die Kinder- und Jugendpsychiatrie untergebracht wird, da das Gebäude bereits mit einem Verbindungsweg an die Kinderklinik angeschlossen ist“, so Heinrich, der mit einem Betriebsstart des erweiterten Bezirksklinikums von in etwa fünf Jahren ausgeht. Doch schon jetzt arbeiteten die beiden Einrichtungen eng zusammen. „Mit dem Vertragswerk festigen wir das nun langfristig für die Zukunft“, hob Reinhard Schmidt hervor, der sich sehr dankbar zeigte für die hervorragende Zusammenarbeit der beiden Häuser.
Gleicher Versorgungsauftrag, keine Gewinnabsicht
Dass sowohl der Bezirk als auch der Dritte Orden denselben Versorgungsauftrag haben und keine kommerziellen Ziele verfolgen, vereinfach die Kooperation. „Unter anderen Umständen wäre man sich womöglich uneinig, wer die Hotline bedient, weil die eventuell bei der Zuweisung ein Haus bevorzugen könnte. Aber wir haben beide wirklich genug Patienten, es geht darum, ihnen schnell und bestmöglich zu helfen“, unterstrich Matthias Keller.
Dass dies in Zukunft mit den neuen Strukturen besser gelingt, davon sind alle Beteiligten überzeugt. Und weil es künftig im Bezirkskrankenhaus auch eine „Schule für Kranke“ geben soll, wie sie es bisher nur im Bezirkskrankenhaus Landshut gibt, können die jungen Patienten während ihres Aufenthalts vor Ort auch beschult werden. „Das sind wichtige Aspekte, die unsere beiden Häuser aufwerten und womöglich auch dazu beitragen, dass wir ein attraktiver Arbeitgeber für dringend benötigtes Fachpersonal sind“, ergänzte der Bezirkstagspräsident am Schluss. Denn unabhängig vom Bedarf, den baulichen Maßnahmen und allen Arten der fachübergreifenden Kooperation, „wir brauchen qualifiziertes Personal – heute und auch in Zukunft“, schloss Heinrich.
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