Bezirkstagspräsident reagiert auf Atompläne Südböhmens
Landshut/Budweis. Die großen Pläne zum Ausbau der Atomenergie in Südböhmen durch den jüngst mit breiter Mehrheit wiedergewählten Bezirkshauptmann Martin Kuba werden in Niederbayern heiß diskutiert. Der Kreishauptmann plant, in Budweis einen Standort zur Fertigung sogenannter Kleinreaktoren aufzubauen. Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, der selbst im Dreiländereck Bayern, Tschechien, Österreich lebt, sieht diese Initiative mit Sorge: „Bisher gibt es weltweit keinen einzigen Reaktor dieser Größe, der tatsächlich in Betrieb ist. Es ist völlig offen, welche Sicherheitsbedingungen hier vorgesehen sind und erfüllt werden können. Parallel dazu ist der niederbayerische Grenzraum auch vom störungsanfälligen Groß-AKW Temelín und von den Diskussionen über das Thema Endlagerung im Grenzraum auf tschechischer Seite betroffen“, so Dr. Heinrich.
Der niederbayerische Bezirkstagspräsident betont, dass die „Atombegeisterung in Südböhmen“ in vielen persönlichen Gesprächen spürbar sei. Auf einer Veranstaltung der Europaregion Donau-Moldau im Schloss Hluboká habe Kreishauptmann Kuba, ehemaliger Industrieminister der Tschechischen Republik, im vorvergangenen Jahr seine Atompläne öffentlich gemacht. In Anwesenheit des niederbayerischen Regierungspräsidenten Rainer Haselbeck und des Bezirkstagspräsidenten Dr. Heinrich sei eine „Atomshow erster Güte“ veranstaltet worden. „Die aktuelle Debatte zeigt, dass es völlig konträre Ansätze zur zukünftigen Energieversorgung gibt. Viele Länder in Europa setzen auf Atomenergie. Die Tschechische Republik ist hier ebenfalls sehr offen und in Südböhmen möchte man zum Vorreiter werden. Wenn in Deutschland und insbesondere im niederbayerischen Grenzraum die Furcht vor den großen Gefahren der Atomenergie überwiegt, muss darauf in der Konsequenz eine viel größere Offenheit für Erneuerbare Energien und alternative Energieerzeugung entstehen“, sagt Dr. Heinrich. Seiner Einschätzung nach müsse nicht nur über den ohnehin schon enormen Ausbau von Photovoltaik-Anlagen diskutiert werden, sondern ebenso über Windenergie, Wasserkraft, den Erhalt der bestehenden Biogasstruktur und den wirtschaftlichen Einsatz von Wasserstoff.
Dr. Heinrich weiter: „In meinen Augen ist völlig offen, ob der Weg zur Atomkraft oder der Weg hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung am Ende der erfolgreichere ist. Günstige Strompreise sind essenziell für unsere Wirtschaft, die ohnehin unter hohem Druck steht. Aktuell gehören die deutschen Strompreise zu den teuersten in ganz Europa. Deswegen sollten unser Land und unsere Gesellschaft alles dafür tun, dass wir den Ausbau regenerativer Energien weiter beschleunigen. Dafür braucht es aber gesellschaftliche Akzeptanz, Technologieoffenheit und die Bereitschaft, bestehende Denkmuster zu hinterfragen.“ Als Beispiel nennt er den Ausbau der Wasserkraft, der in den vergangenen Jahrzehnten von vielen Umweltverbänden höchst kritisch gesehen, verzögert und oft auch juristisch blockiert wurde. Hier müsse man über den Ausbau von bestehenden Standorten sprechen, über Kompromisse zum Beispiel im Schwallbetrieb von Bestandswerken und darüber, dass der Ausbau der Wasserkraft, auch und gerade kleinerer Anlagen in einem Energiemix als grundlastfähige Energie unverzichtbar sei, so Dr. Heinrich. Heinrich betont, dass er persönlich ein Comeback der Atomenergie für den falschen Weg halte. „Wenn hoch subventionierte Atomkraftwerke gebaut würden, wäre der Strom für unsere Gesellschaft insgesamt deutlich teurer als wenn wir auf nachwachsende Rohstoffe, Wasser, Wind und Sonne setzen und das Thema Speicherung mitdenken“, so Heinrich. Auch sei die Endlagerfrage ungelöst und für Niederbayern ein Damoklesschwert, da immer noch über den Granit im Bayerischen Wald als Endlagerstandort diskutiert werde.