Der Stadtrat möge beschließen
Die Stadtverwaltung lässt durch das beauftragte Büro alle einschlägigen Gutachten auswerten und diese werden auch im Text der saP-Relevanzprüfung zitiert.
Erst danach wird die überarbeitete Prüfung im Umwelt-/Bausenat behandelt.
Begründung
Bei der Relevanzprüfung der geplanten Verbreiterung des Flutmuldenweges lagen offenbar bei der Bewertung des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings (Maculinea = Phengaris nausithous) als FFH Anhang IV-Art die von der Stadt selbst beauftragten Gutachten dem Gutachterbüro nicht vor, denn sie werden weder zitiert noch inhaltlich berücksichtigt. Diese in der Region äußerst seltene, verschollen gewesene Tagfalterart war 2017 im Rahmen des vom NVL durchgeführten „GEO-Tages der Natur“ im an den Bahnhofswald angrenzenden Abschnitt der Flutmulde (der beim GEO-Tag damals mit in das GEO-TagsObjekt einbezogen war) nachgewiesen worden, woraufhin die damalige Fachkraft für Naturschutz meines Wissens eine Kartierung der Habitate und der Art veranlasst hatte.
Die Schlussfolgerungen der Gutachter der jetzt vorgelegten saP-Relevanzprüfung zu dieser Art sind in jedem Fall weder belastbar noch fachlich auch nur ansatzweise nachvollziehbar. Wenn das oder die Gutachten zum Vorkommen der Art in der Flutmulde von damals dem jetzt beauftragten Büro nicht vorgelegen haben (zitiert werden nicht), dann ist erklärbar, warum dieses Büro hier wegen unvollständiger Information zu einer falschen Schlussfolgerung kommt.
Auch die Biologie der Art ist in der Relevanzprüfung unzulässig verkürzt berücksichtigt, die Art ist ja keineswegs nur auf den Großen Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis) als Fraßpflanze der Schmetterlingslarve, sondern auch noch auf die Rotgelbe Knotenameise (Myrmica rubra) als obligater Wirt im Entwicklungszyklus angewiesen. Die Einschätzung zur vermeintlichen Verbreitung und nicht gegebenen Gefährdung krankt also auch an dem Mangel, dass diese Habitatanforderung nicht gewürdigt wurde, da diese Ameise ja keineswegs überall in der Flutmulde verbreitet ist. Das Vorkommen der Ameise bzw. ihrer charakteristischen Hügelnester wurden meines Wissens (Gespräch mit der Fachkraft) seinerzeit ebenfalls stichprobenhaft mit kartiert.
Ebenfalls eine Rolle spielt die Bodenfeuchte, die in der Flutmulde auch nicht überall gleich ist; auch das unberücksichtigt. Auch dies ist ein schwerwiegender Mangel des jetzt vorgelegten Relevanzprüfungs Gutachtens.
Ebenfalls nicht berücksichtigt wurde, dass diese symbiotische Artengemeinschaft aus Tagfalter,
Knotenameise und Wiesenknopf oft sogar bevorzugt lineare Strukturen als Habitat nutzt, also Wegränder und Wegegräben eine besondere Rolle spielen können. Dies ist im vorliegenden Fall natürlich höchstgradig relevant, da es um einen Weg und seine Verbreiterung geht.
Der Nachweis der streng geschützten Art erfolgte im Übrigen sehr unweit der Stelle, an der jetzt die Wegeverbreiterung geplant ist.
Die Verbreiterung des Flutmuldenweges an dieser Stelle sollte sorgfältig geprüft werden; die Verkehrsfrequenz dort ist hoch. Allerdings muss der „Weg“ zu diesem Ziel fachlich und rechtlich sauber abgearbeitet werden, unter Berücksichtigung – selbstverständlich – aller von der Stadt dazu selbst beauftragten Gutachten und unter korrekter Berücksichtigung der tatsächlichen Biologie der Art.
Sowohl die stark verkürzte und dadurch falsche Darstellung, die Art müsse wohl ungefährdet sein, weil der Große Wiesenknopf reichlich vorkomme, die fachlich unhaltbar ist, als auch die äußerst überraschende Schlussfolgerung, die Art bei den weiteren Prüfungen nicht zu berücksichtigen (die das Vorhaben im weiteren Verlauf fachlich und rechtlich sehr angreifbar machen würde), sind deutlich hinter dem zurückbleibend, was fachlich und rechtlich für eine rechtssichere Abarbeitung erwartet werden darf. Die Stadt Landshut ist daher sehr gut beraten, diese Sachverhalte in den weiteren Prüfungen vollumfänglich zu berücksichtigen.
Nachdem ich beide Ausschussvorsitzende darum gebeten hatte, den Punkt abzusetzen und dies nachzuarbeiten ,aber keine Antwort erhalten hatte, ergibt sich eine Dringlichkeit für einen Antrag aus dem Umstand, dass bei einem Beschluss im Sinne der Beschlussvorlage ein rechtswidriges und mit hohem Aussicht auf Erfolg rechtlich anfechtbares Vorgehen beschlossen würde, und die Mitglieder beider Senate dabei zudem genauso unzureichend über die Akten- und Faktenlage informiert wären wie offenbar das beauftragte Büro.
Ich erlaube darauf hinzuweisen, dass Artenschutz-Verstöße durch die Stadt gerade bei Wegebauvorhaben in den letzten 5-10 Jahren mittlerweile ein ganzes Dossier füllen. Die dabei erfolgten Rechtsverstöße gegen den strengen Artenschutz wurden bisher noch nie aufgearbeitet, entgegen Zusicherungen durch den damaligen und später abgesetzten Umweltamtsleiter. Mit freundlichen Grüßen
gez. Dr. Stefan Müller-Kroehling