„Kommunale Ebene ist kein Ausfallbürge für staatliche Aufgaben“

Mehrere unterschiedliche Krisen verschärfen sich derzeit gegenseitig, Probleme vermischen sich, Unsicherheiten wachsen.

Dies macht den Menschen Sorge und beschäftigt die Politik auf allen Ebenen, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayr: „Vieles von dem, was in der Welt passiert, steht letztlich zur Lösung auf kommunaler Ebene an. Die Menschen waren gewohnt, dass bei Problemen zügig eine Lösung zur Hand war. Doch auf viele komplexe Fragen – Energiekrise und Klimawandel, Digitalisierung, demografischer Wandel und Integration – gibt es keine schnelle und einfache Antwort. Ressourcen werden knapper und weniger Personal steht zur Bewältigung von Aufgaben zur Verfügung.“

Unter der Dauerlast der Corona-Pandemie hat die kommunale Daseinsvorsorge mit einer stabilen Infrastruktur gute Dienste geleistet, meint Pannermayr: „Auf die Problemlösungskompetenz der Kommunen können Bund und Freistaat bauen. Die Kommunen müssen gut aufgestellt bleiben, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Wir müssen uns nun auf Wesentliches beschränken und die Komplexität reduzieren. Nötig ist die Konzentration auf vordringliche Probleme. Gesetzliche Rahmenbedingungen müssen praktikabel sein, um eine rasche Umsetzung zu sichern. Die Kommunen können steigende Standards und immer neue Aufgaben nicht mehr ohne weiteres erfüllen. Es muss nicht alles bis ins Detail geregelt, genehmigt und geprüft werden. Vertrauen in das sachgerechte Handeln der Kommunen reduziert Komplexität: Personelle Kapazitäten und finanzielle Ressourcen sind klug einzuteilen. Politik auf Landes- und Bundesebene muss sich hüten, ständig neue Themen anzureißen und Erwartungen zu wecken, die sich nicht erfüllen lassen.“

Gesetzliche Ansprüche und neue Aufgaben verursachen zum Beispiel bei Wohngeld, Bürgergeld und Ganztagsanspruch für Grundschulkinder steigende Kosten. Pannermayr: „Die kommunale Ebene darf nicht als Ausfallbürge für die Erfüllung von staatlichen Aufgaben in Haftung kommen.

Kommunen haben einen Anspruch auf eine aufgabengerechte Finanzierung. Dazu gehört ein leistungsfähiger kommunaler Finanzausgleich. Das ist kein Gnadenakt von Staatsregierung und Landtag, sondern ist die Basis, damit Kommunen ihre Aufgaben im Staatsgefüge ordnungsgemäß erfüllen können.“ Auf den ersten Blick suggerieren die reinen Zahlen von Steueraufkommen und Finanzausgleichsvolumen einen Aufwuchs. Tatsächlich entwickeln sich die Rahmenbedingungen gebremst wegen Inflation, Personalkosten und Kostensteigerungen. Wachsende Sozialausgaben und Aufgaben belasten die kommunalen Haushalte. Pannermayr: „Die allgemeine Finanzausstattung der Kommunen muss auf die Tagesordnung. Nötig ist eine Aufstockung von Finanzausgleichsleistungen. Ein gutes Instrument sind Schlüsselzuweisungen. Eine Stärkung der Verbundmasse im allgemeinen Steuerverbund gibt den Kommunen mehr finanzielle Planungssicherheit und Flexibilität. Kommunen brauchen mehr Beinfreiheit und weniger Bürokratie von Förderprogrammen und Modellprojekten.“

Förderprogramme sind eine sinnvolle Ergänzung. Die Fülle an Förderprogrammen mit allen Auflagen und Kontrollmechanismen lässt sich in der Verwaltungspraxis oft nicht mehr abwickeln. Nötig ist mehr kommunale Handlungsfreiheit. Pannermayr: „Die Fülle und Vielzahl an differenzierten Förderprogrammen muss reduziert werden. Verfahren müssen vereinfacht werden. Förderprogramme betreffen häufig auch kommunale Pflichtaufgaben im Bildungsbereich, aber Pflichtaufgaben müssen von Grund auf verlässlich finanziert sein.“ Kommunen brauchen realistische Fristen und Verlässlichkeit. Eine überschaubare Zahl an Fördertöpfen genügen, wenn diese gut ausgestattet sind und eine lange Laufzeit haben. Pannermayr: „Die kommunale Investitionskraft muss mit einem leistungsfähigen kommunalen Finanzausgleich dauerhaft gestärkt werden. Das sorgt für Planungssicherheit und reduziert Bürokratie – mehr gegenseitiges Vertrauen bringt uns alle voran.

Foto:
Pannermayr/Städtetag

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